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Das Hochzeitsbild, Sketch – Festgestaltung

Das Hochzeitsbild

Sketch für drei Personen: Photograph, Braut und Bräutigam

Im Photoatelier: Ein Photographenapparat (vorsintflutlich), ein altes Adressbuch und ein Korbsessel. Braut und Bräutigam treten ein. Der Photograph begrüßt sie katzbuckelnd.

Darsteller(in) Text
Bräutigam: Wir möchten ein eindrucksvolles Bild, Herr Photograph, ein Bild, dass uns persönlich zeitlebens an den schönen Augenblick unserer soeben getätigten Verehelichung erinnern wird, und das zwotens unsere Nachkommen für alle Zeiten als ein lebendiges Zeugnis von Liebe und Verbundenheit zu dienen vermag. Nicht wahr, Antonie?
Braut: (tiefe sonore Stimme) Gewiss, mein Süßer.
Photograph: Darf ich bitten.
Bräutigam: Gemach. Ich bin noch nicht zu Ende. Das Bild soll zum Ausdruck bringen: a) unser tiefempfundenes Glücksgefühl und b) den Ernst der Stunde. Nicht wahr, Antonie?
Braut: Gewiss, mein Schnuckiputzi.
Bräutigam: Und somit schreiten wir zur Aufnahme. halten Sie es für besser, Herr Photograph, wenn ich den Zylinder aufbehalte?
Photograph: Es wird sich wohl empfehlen, ihn abzunehmen.
Bräutigam: Er steht mir aber so gut.
Photograph: Dennoch.
Bräutigam: Was meinst Du, Antonie?
Braut: Nimm ihn ab, Liebling.
Bräutigam: Gut, ich füge mich der Stimmenmehrheit; nichtsdestotrotz wünsche ich aber, dass die Exaktheit meines Wesens wie meiner Kleidung gleichermaßen sichtbar zum Ausdruck kommt. Beachten Sie bitte die Bügelfalten, die richtige Lage des Schlipses und nicht zuletzt die Symmetrie des hochgezwirbelten Schnurrbarts.
Photograph: Ja natürlich, aber …
Braut: Was wollen Sie dann?
Photograph: Ich glaube, das Bild wird so nicht wirken.
Braut: Warum?
Photograph: Es wird sich nicht gut ausnehmen, wenn Sie neben der Braut stehen, Herr Bräutigam.
Bräutigam: Weshalb? Hier ist mein Platz, – hier an ihrer Seite, – fürs Leben. "So nimm denn meine Hände!" etc …
Photograph: Zugegeben, aber dennoch.
Bräutigam: Was?
Photograph: Ich weiß nicht, ob Sie es schon bemerkt haben, dass das Fräulein Braut gut einen Kopf größer ist als Sie, Herr Bräutigam.
Bräutigam: Das ist übertrieben. Sprich du zu diesem Problem, Antonie.
Braut: Der Mann überhöht etwas, mein Herzblättchen.
Photograph: Das Bild würde wirken wie Mutter und Kind.
Bräutigam: Das ist zuviel. Ich verbiete Ihnen solche Scherze.
Photograph: Ich muss Sie dennoch darauf aufmerksam machen. hernach kommen Sie mir schließlich mit Vorwürfen.
Bräutigam: Halten Sie mich für kleinlich?
Photograph: Nein, aber für klein.
Bräutigam: Nur körperlich, mein Herr, nicht etwa geistig.
Photograph: Natürlich nur körperlich.
Bräutigam: Was haben Sie in Vorschlag zu bringen?
Photograph: Es gilt eine geeignete Unterlage zu schaffen.
Braut: Eine Unterlage? Wie meinen Sie das?
Photograph: (bringt ein Adressbuch) Vielleicht haben Sie die Güte, sich hier einmal auf das Adressbuch zu stellen.
Bräutigam: Auf dieses Adressbuch?
Photograph: Ich pflege es bei Kinderaufnahmen mit Vorliebe und Erfolg zu verwenden.
Bräutigam: Aber dieses Adressbuch ist ja gar nicht der neueste Jahrgang. Es datiert unsere heute getätigte Vermählung um 6 Jahre zurück, mein Herr.
Photograph: Aber was glauben Sie denn? Das Adressbuch kommt natürlich nicht mit auf das Bild. Ich werde Sie beide bloß bis zu den Knien photographieren.
Braut: Beide?
Photograph: Natürlich beide.
Bräutigam: Aber das erweckt doch beim Betrachter falsche Vorstellungen.
Photograph: Inwiefern?
Bräutigam: Man wird vermuten, wir hätten überhaupt keine Füße. Meinst Du nicht auch, Antonie?
Braut: Gewiss, mein Tausendsassa.
Photograph: Vielleicht möchten Sie sich doch wenigstens mal versuchsweise auf das Adressbuch stellen?
Bräutigam: Wenn es unbedingt sein muss. (Er tut es)
Photograph: Ich danke sehr für Ihre Bemühung.
Bräutigam: Hoppla (er droht zu fallen)
Braut: (schreit auf)
Photograph: Ich bitte um Entschuldigung, aber …
Bräutigam: Ich fange an, aufgeregt zu werden, du nicht auch, Antonie?
Braut: (seelenruhig) Doch, ich fange auch an, mein Goldkäferchen.
Bräutigam: Nie und nimmer bringen Sie mich auf dieses Piedestal – nie und nimmer.
Photograph: Das ist auch nicht nötig. Ich habe den Gedanken ohnehin aufgegeben. Sie sind nämlich trotzdem noch viel zu klein.
Bräutigam: Größenverhältnisse sind Äußerlichkeiten. Sie wissen: Es ist der Geist, der sich den Körper baut: "Wallensteins Tod, 3. Aufzug, 13. Szene".
Photograph: Aber jetzt habe ich einen Ausweg gefunden.
Bräutigam: Welchen?
Photograph: Das Fräulein Braut setzt sich auf einen Stuhl und Sie, Herr Bräutigam, stellen sich dahinter.
Bräutigam: Das kommt gar nicht in Frage.
Photograph: Warum, weshalb?
Bräutigam: Weil sich das mit meiner Ansicht von der Ehe nicht vereint. "Er soll dein Herr sein" heißt es. Wenn also jemand sitzt, dann sitze ich. Das ist doch auch deine Ansicht, Antonie? (Er hat den Korbsessel herbeigeholt und sich hingesetzt)
Braut: Gewiss mein Pusselchen. (Sie stellt sich ihm zur Seite).
Bräutigam: Gut, ich sitze. Beeilen Sie sich Herr Photograph.
Photograph: (blickt durch den Apparat) Darf ich das Fräulein Braut ersuchen, sich etwas hinabzuneigen? Noch etwas, noch etwas – immer noch was, bitte!
Bräutigam: Nein, nein – und nochmals nein. Wenn das so weitergeht, dann sieht man ja auf dem Bild die Brosche nicht, die ich meiner Braut als Morgengabe überbrachte.
Photograph: Ja, wenn Sie Wert auf die Brosche legen, dann kommt natürlich ein Brustbild in Frage.
Bräutigam: Brustbild? Wie meinen Sie das? Ist das nur Brust?
Photograph: Nein, es kommt auch etwas Kopf mit drauf.
Bräutigam: Und Sie glauben, dass das wirkt?
Photograph: Ich denke schon (er betrachtet die Situation auf der Mattscheibe)
Bräutigam: Naja, versuchen können wir es ja mal. Meinst du nicht auch, Antonie?
Braut: Gewiss, mein Zuckerschnäuzchen.
Photograph: (ganz erschossen) Nein, nein, auch das ist unmöglich.
Bräutigam: Warum?
Photograph: Ja, wenn das Fräulein Braut bei diesem Brustbild vorn steht, dann werden Sie ganz verdeckt.
Bräutigam: Dann werde ich mich eben in den Vordergrund begeben.
Photograph: Tun Sie das bitte.
Bräutigam: Ist's so richtig, Herr Photograph?
Photograph: (unterm schwarzen Tuch) Nnnnneiin. –
Bräutigam: Nanu – aber warum denn?
Photograph: Weil Sie sich nun zu nah an den Apparat heran gedrängt haben, da wird das Bild unscharf.
Bräutigam: Aber sagen Sie bloß´. – Was machen wir nun?
Photograph: Trotz meiner 30jährigen Praxis stehe ich vor einem Rätsel und frage mich ebenfalls: Was machen wir nun?
Bräutigam: Ich bin ratlos. Was sagst Du, Antonie?
Braut: Unter den gegebenen Verhältnissen empfehle ich, nur die Köpfe photographieren zu lassen.
Bräutigam: Natürlich. Wir beide haben ja ausgesprochen ausdrucksvolle Charakterköpfe.
Photograph: Gewiss – jedoch.
Bräutigam: Kein Jedoch! Ich habe eine ganz famose Idee.
Photograph: Schon wieder?
Bräutigam: Wie immer. Ja. Über diese Köpfe zeichnen Sie eine Taube, eine fliegende Taube, womöglich mit silbernen Flügeln, und diese Taube soll im Schnabel ein Band tragen …
Photograph: Ein Band?
Bräutigam: Ja, ein goldenes Band mit Myrthen umrankt. Besagtes Band aber muss sich um unsere Köpfe winden …
Photograph: Nein, – ja doch, – gewiss. – Dienst am Kunden.
Bräutigam: (fährt begeistert fort) Auf diesem Band aber soll geschrieben stehen – mit roten Buchstaben – wenn sich das machen lässt: Theodor Amadeus Zirngiebel und Antonie, Philomela Trudchen Zirngiebel geborene Bless – in Liebe vereint – in Treue verbunden, bis das der Tod sie scheidet und das heutige Datum. Wird das nicht ganz wundervoll werden …?
Braut: Aber gewiss, mein Mäuseschwänzchen … (Der Photoapparat bricht zusammen und wird an einem Faden von unsichtbarer Hand hinausgezogen)
Bräutigam: Was soll das bedeuten?
Photograph: Es ist ihm zuviel gesagt worden (Läuft hinaus und schreit) Hier geblieben, mein Lieber!!!
Bräutigam: Verstehst Du das, Antonie?
Braut: Kaum, mein Goldkäfer!
Bräutigam: Gehen wir. Es ergeht mir wie allen schöpferischen Geistern: „Die Welt ist noch nicht reif für meine Ideen!“ Das Brautpaar geht ab …

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