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Jeder wünscht sich langes Leben, Gedicht – Festgestaltung

Jeder wünscht sich langes Leben

Autor: Heinrich Zschokke

Wunderkerze in der Hand
Wunderkerze in der Hand
Foto von Marisol Benitez auf Unsplash

Jeder wünscht sich langes Leben,
seine Kisten voller Geld,
Wiesen, Wälder, äcker, Reben -
Klugheit, Schönheit, Ruhm der Welt,
doch wenn alles würde wahr
was man wünscht zum neün Jahr,
dann erst wär es um die Welt,
glaubt es, jämmerlich bestellt.

Lebten alle tausend Jahre,
was gewönnen wir dabei?
Kahle Köpfe, graü Haare
und das ew’ge Einerlei!
Im erschrecklichen Gedränge
ungeheurer Menschenmenge
würden Stadt und Dorf zu enge,
und die ganze Welt zu klein.
Niemand könnte etwas erben,
denn es würde keiner sterben;
und wer möchte Doktor sein?

Wäre jedermann so reich,
als wohl jeder wünscht zu werden:
Nun, dann würden wir auf Erden
uns, in Sorgen, alle gleich.
Da niemand des andern Bürde
künftig auf sich laden würde,
müsste jeglicher allein
sein höchsteigner Diener sein;
selber seine Strümpfe stricken,
möcht’ er nicht gern barfuss gehn;
selber Rock und Hosen flicken
möcht’ er nicht wie Adam stehen;
müsste kochen, braten, backen,
liebte er gesunde Kost.
Wäre er kein Freund vom Frost,
müsst' er selber Holz sich hacken.

Ständen alle ohne Mängel
wir hienieden schon, als Engel,
o wie wär' es böse Zeit
für die liebe Geistlichkeit!
Wer denn könnte Pfarrer werden
in dem Himmel hier auf Erden,
wenn der Laie besser wäre
als die Predigt, die er hört?
Nur wo nötig ist die Lehre
– und sonst nirgends – hat sie Wert.
Advokaten gingen müssig;
Richter wären überflüssig;
und Dragoner und Husaren
wären überflüss'ge Waren.
Ach, in diesem Weltgetümmel
wüchse wieder neü Not,
denn es brächte unser Himmel
manchen braven Mann ums Brot.

Wären alle Mädchen schön,
und von aussen und von innen
und vom Wirbel bis zum Zehn
zauberische Huldgöttinnen:
zu alltäglich, zu gemein
würden schöne Mädchen sein;
niemand würde auf sie blicken. –
Wäre alles Diamant,
was jetzt Kiesel ist und Sand,
niemand möchte sich drum bücken.

Jeder wünscht zum neuen Jahr.
Aber würde alles wahr,
dann erst wär’ es um die Welt,
glaubt es, jämmerlich bestellt!
Wollet Ihr die Welt verbessern,
(blosse Wünsche tun es nie,
Spiele sind's der Phantasie!)
wollet ihr die Welt verbessern,
fange jeder an bei sich,
denn der Mittelpunkt der grössern
Welt ist jeglichem sein Ich.
Dieses Ich wirft seine Strahlen,
einer innern Sonne gleich,
durch des Lebens weites Reich.
Wie es selber ist, so malen
sich die Dinge klein und gross,
prächtig oder farbenlos!


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