Jeder Tropfen zählt - Dürre in Ostafrika

Das verlorene Häschen, Geschichte – Festgestaltung

Das verlorene Häschen

Autorin: Brigitte Aubrey

Der winzige Bauschball in beige und weiß hopste langsam vorwärts.

Es war das kleinste Häschen, das du je laufen – Oh, hopsen gesehen hast.

Es war noch nicht so lange her, dass er seine Augen geöffnet hatte und schaute sich Gottes Welt voller Wunder an.

Er war ganz wuschelig mit weißen Ohren und großen Füßen. Im Moment aber wollte er eigentlich nur bei seiner Mama sein, da er hungrig war. „Wo sind die alle geblieben“, wunderte sich der kleine Michael. Auf einmal war er ganz alleine. Dabei war doch nur mal ein bisschen vom Nest weggehopst, weil er so einen komischen, großen Hasen gesehen hatte. Der fremde Hase sah ganz anders aus als seine Familie. So hopste er eben hinter her, um sich das Wesen mal näher anzusehen.

Als er es anstarrte, merke er, dass der fremde Hase nur zwei Füße hatte, und die hatten auch eine andere Farbe. „Na so was“, dachte sich Michael. Plötzlich streckte sich die komische Figur und breitete die riesigen Arme aus. Michael war darüber so erschrocken, dass er schnell rückwärts laufen wollte. In seiner Eile überschlug er sich und rollte den Abhang herunter.

„Oh, was war das nur für ein erschreckendes Wesen! Vielleicht ist es ein Ungeheuer!“ Michael hatte noch nie eins gesehen, aber er hatte schon davon gehört.

Aber nun wollte er seine Mama und Geschwister haben. Wo waren die nur? Er lief eine Zeit lang rum, aber konnte niemanden finden. Da er Hunger hatte, fing er an, das saftige, frische Grass zu fressen. Hm, war das gut! Aber bald war er satt und schaute sich um. Inzwischen war es fast ganz dunkel geworden, und er konnte kaum sehen. „Mama, wo bist du?“, rief er. Aber kleine Häschen haben keine laute Stimme und niemand hörte ihn rufen.

Er stolperte im Dunklen und plötzlich fühlte er etwas weiches Warmes. „Oh, hier ist ja mein Nest“, freute er sich und kuschelte sich tief in das warme Nest. Die anderen schienen alle schon zu schlafen und Mama muss wohl weg sein, um Fressen zu holen.

Bald war Michael eingeschlafen. Molly, die kanadische Gans, kam heim und setzte sich gemütlich auf ihr Nest und schloss zufrieden die Augen. Der Mond schien friedlich auf das kleine Wäldchen und fast alle Geschöpfe Gottes schliefen.

„Was kitzelt mich da?“ Michael wunderte sich verschlafen. Er öffnete ein Auge, aber es war noch dunkel draußen. Neben ihm zerbrach einer seiner Geschwister was. Dann stupste ihn einer mit nassen Füßen. Neben ihm schlüpfte ein kleines Gänschen aus einem Ei. Aber da er selbst noch so klein und unerfahren war, verstand er das nicht. „Was ist hier nur los?“, wunderte sich Michael und schaute sich um.

Plötzlich war es hell, und er schaute voller Staunen um sich. Noch ein Ei zerbrach und noch ein sehr hässlicher Hase kam herausgeschlüpft.

Michael schnüffelte daran. „Wo kommen all diese fremden Hasen her?“ dachte er. „Und die sehen so komisch aus.“

Was war das? Oh, da kam doch das erschreckende Wesen direkt auf ihn zu, das er gestern gesehen hatte! Er versuchte, sich tief im Nest zu verstecken.

Molly die Gans schaute auf ihre schlüpfenden Kinder. „Ach, wie schön. Ich glaube, es wird alles gut gehen“, freute sie sich. „Bald werden alle meine Kleinen hier sein.“ Aber – Halt! Was war das? So ein komisches kleines Gänschen hatte sie noch nie gesehen! Seine Federn waren ganz fusselig und es hatte sehr lange Ohren! Ach, und es hatte sogar vier Füße! Wo kam das bloß her? Das konnte doch nicht ihr Kind sein? Sie versuchte, es zu kämmen, aber die Federn kitzelten sie, und sie musste nießen.

„Was soll ich machen?“ fragte sie sich. Aber sie war eine gute Mutter und würde es versorgen, so gut sie konnte.

Michael wusste nicht, was er machen sollte. Er wollte seine Mama haben! Er hatte schon zweimal versucht, aus dem Nest zu schleichen, aber Molly hatte ihn sofort wieder reingestoßen. „Die denkt wohl, ich bin ihr Baby. Kann sie nicht sehen, dass ich ein großer, kräftiger Hase bin?“, wunderte er sich.

So verging der Tag, und bald schliefen alle wieder. Michael hatte vor, wegzuschleichen, aber er war doch noch so klein und er schlief auch ein.

Am nächsten Morgen piepsten die Kleinen. „Was machen die für einen Krawall? Und was sind das für Töne? So was sagt doch ein vernünftiger Hase nicht“, wunderte sich Michael wieder. Molly steckte was in die offenen Schnäbel, die die Gänschen hoch hielten. „Oh, pfui, wie essen die denn?“

Michael wollte weg! Aber Mama Molly befahl ihnen allen, in einer Reihe zu stehen, und dann führte sie alle. Die Kleinen watschelten schön hinter Molly her und auch Michael hopste hinter her. „Ach, laufen kann der ja auch nicht richtig“, beklagte sich Molly. Michael dachte aber dasselbe, als er seine „Geschwister“ laufen sah.

Sie kamen zu einem See und Molly schwamm majestätisch langsam hin und her. Die Gänschen liefen sofort ins Wasser, als ob sie dafür geboren wären! Dann schauten sie alle Michael an. Der war am Ufer am grasen und störte sich nicht an den Blicken der anderen. Molly kam zu ihm und versuchte, ihn ins Wasser zu stoßen. Das war aber nun doch zu viel für Michael! Er hopste, so schnell er konnte, davon. Sein kleines Herz hämmerte vor Angst.

Molly schaute ihm nach und merkte, dass er bestimmt kein Gänschen war. „Gott sei Dank!“, sagte sie.

Michael rannte, bis er Halt machen musste, um Luft zu schnappen. „Mama, wo bist du bloß? Ich habe mich verirrt und will heim!“ Seine kleine Stimme rief so laut er konnte. Wenn er sein Nest nur finden würde. Er würde immer auf seine Mama hören und nie mehr weglaufen!

Mama Häschen war ganz in der Nähe. War das ihr kleiner Michael?

„Michael, wo bist Du?“ „Mama, Mama, hier bin ich! Hol mich schnell!“

Da kam die Mama um den großen Busch und sah ihn. Sie umarmte ihn und er war so glücklich. „Mama, ich war bei Ungeheuern! Die hatten bloß zwei Füße und die waren sogar gelb. Dann wollten sie, dass ich auf dem Wasser laufen soll.“

„Später, Michael, kannst du uns alles erzählen. Jetzt gehen wir heim.“

Das kleine Häschen war überglücklich, sein Nest und die Geschwister zu sehen. Er erzählte sein Abenteuer. Mama erklärte ihm, dass er bei Gänsen war. „Gänsebabys kommen aus Eiern. Das war es, was du gesehen hast. Sie können schwimmen und sogar fliegen.“ „Aber Mama, was wollen die da oben in der Luft?“

„Es gibt unterschiedliche Lebewesen. Manche können fliegen, manche leben im Wasser und wieder andere leben in den Bäumen. Du lernst noch viele Wunder kennen. Die ganze Welt ist voller Wunder!“

Zufrieden und müde kuschelte sich Michael ins Nest mit seinen Geschwistern. Das Leben war wieder in Ordnung!


Kommentar hinzufügen

* Pflichtfeld
1000
Drag & drop Bilder (max 3)
Was ist das Gegenteil von „schwach“?

Kommentare

Noch keine Kommentare, sei der erste Poster!