Die alerschönste Laterne auf der Welt, Martinsgeschichte – Festgestaltung

Die allerschönste Laterne auf der Welt

Autorin: Elke Bräunling

Jule ist sauer auf Papa. Der nämlich wollte mit ihr ´die allerschönste Laterne auf der Welt´ basteln. Ganz fest hat er es versprochen, doch jetzt sitzt er am Computer und hat wie wieder einmal keine Zeit.

Jule stellt sich neben Papa. „Wir wollten eine Laterne basteln“, erinnert sie ihn.

„Basteln?“, fragt Papa und hackt in die Computertasten. „Hm. Gleich! Ich muss dies noch rasch fertig schreiben. Dann hab ich ein paar Minuten Zeit für dich, okay?“

„Nein, das ist nicht okay! Was soll sie denn mit ´ein paar Minuten Zeit´ anfangen?“ Unwillig schüttelt Jule den Kopf und brummt: „Das ist wie mit dem halben Mantel!“

„Wie bitte?“ Papa blickt auf. „Du hast doch erst einen neuen Mantel bekommen!? Und Jeans und einen ganzen Berg neuer Pullis und Sweat-Shirts und …“

„Ich brauche keinen Kleiderberg“, sagt Jule. „Ich …“

„Na, dann ist es ja gut.“ Schon will sich Papa wieder dem Computer zuwenden, doch dieses Mal ist er bei Jule an der falschen Adresse.

„Bald ist Laternenzug“, schimpft sie los, und wie immer, wenn sie wütend ist, purzeln ihr die Worte einfach so aus dem Mund: „Du hast mir DIE ALLERSCHÖNSTE LATERNE AUF DER WELT versprochen. In ´ein paar Minuten Zeit´ aber kann man bloß eine halbe Laterne basteln. Was aber soll ich mit einer halben Laterne? Das ist wie mit dem Martin. Der hat dem Bettler auch nur einen halben Mantel gegeben. Aber ein halber Mantel ist immer noch besser als ´nur ein paar Minuten Zeit´, denn da kann man sich drin einwickeln und friert nicht mehr …!“

„Hä?“ Verdutzt sieht Papa Jule beim Schimpfen zu. „Was hast du nur immer mit deinem halben Mantel?“, fragt er. „Und wieso ist dir kalt? Ich kapiere überhaupt nichts mehr.“

„Weil du nie Zeit hast. Darum!“, trotzt Jule.

Da muss Papa lachen. Er nimmt die schimpfende Jule auf den Schoß und drückt sie an sich.

„Nun schieße mal los!“, sagt er. „Warum bin ich so ein grässlicher Vater, der sein Kind mit einem halben Mantel herumlaufen lässt?“

Da muss Jule auch lachen. Papa stellt sich manchmal wirklich sehr dämlich an! Und nachdem sie sich die Wut aus dem Bauch gelacht hat, erzählt sie Papa die Geschichte von Martin, dem Bettler und dem halben Mantel. Auch von der ´allerschönsten Laterne auf der Welt´ spricht sie und dass ´ein paar Minuten Zeit´ noch viel, viel weniger sind als ein halber Mantel, ja, und dass es überhaupt und gar nicht schön ist, immer um Papas Zeit betteln zu müssen.

Da begreift Papa endlich. „Ich bin ein Trottel, stimmt´s?“ Er schaltet den Computer aus, setzt sich an den großen Tisch im Kinderzimmer und hat endlich Zeit für Jule.

Na ja, die braucht man auch, um die allerschönste Laterne auf der Welt zu basteln.

© Elke Bräunling

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