Gedichte
Alter

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Autor: Ferdinand von Saar
Das aber ist des Alters Schöne,
Dass es die Saiten reiner stimmt,
Dass es der Lust die grellen Töne,
Dem Schmerz den herbsten Stachel nimmt.
Ermessen lässt sich und verstehen
Die eig’ne mit der fremden Schuld,
Und wie auch rings die Dinge gehen,
Du lernst dich fassen in Geduld.
Die Ruhe kommt erfüllten Strebens,
Es schwindet des verfehlten Pein –
Und also wird der Rest des Lebens
Ein sanftes Rückerinnern sein.
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Beispiel
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Autor: Johann Wolfgang von Goethe
Wenn ich mal ungeduldig werde,
denk ich an die Geduld der Erde,
die, wie man sagt, sich täglich dreht
und jährlich so wie jährlich geht.
Bin ich denn für was anderes da?
Ich folge der lieben Frau Mama.
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Geduld ist euch vonnöten
Autor: Paul Gerhardt

Bild von Leo auf Pixabay
1.
Geduld ist euch vonnöten,
Wann Sorge, Gram und Leid
Und was euch mehr will töten,
Euch in das Herze schneidt,
O auserwählte Zahl!
Soll euch kein Tod nicht töten,
Ist euch Geduld vonnöten:
Das sag ich noch einmal.
2.
Geduld ist Fleisch und Blute
Ein herbes, bittres Kraut;
Wenn unsers Kreuzes Rute
Uns nur ein wenig draut,
Erschrickt der zarte Sinn.
Im Glück ist er verwegen,
Kommt aber Sturm und Regen,
Fällt Herz und Mut dahin.
3.
Geduld ist schwer zu leiden,
Dieweil wir irdisch seind
Und nur in lautern Freuden
Bei Gott zu sein vermeint.
Der doch sich klar erklärt:
Ich strafe, die ich liebe,
Und die ich hoch betrübe,
Die halt ich hoch und wert.
4.
Geduld ist Gottes Gabe
Und seines Geistes Gut,
Der zeucht und löst uns abe,
Sobald er in uns ruht,
Der edle werte Gast,
Erlöst uns von dem Zagen
Und hilft uns treulich tragen
Die große Bürd und Last.
5.
Geduld kommt aus dem Glauben
Und hängt an Gottes Wort;
Das läßt sie ihr nicht rauben,
Das ist ihr Heil und Hort,
Das ist ihr hoher Wall,
Da hält sie sich verborgen,
Läßt Gott den Vater sorgen
Und fürchtet keinen Fall.
6.
Geduld setzt ihr Vertrauen
Auf Christi Tod und Schmerz,
Macht Satan ihr ein Grauen,
So faßt sie hier ein Herz
Und spricht: Zürn immerhin,
Du wirst mich doch nicht fressen,
Ich bin zu hoch gesessen,
Weil ich in Christo bin!
7.
Geduld ist wohl zufrieden
Mit Gottes weisem Rat,
Läßt sich nicht leicht ermüden
Durch Aufschub seiner Gnad,
Hält frisch und fröhlich aus,
Läßt sich getrost beschweren
Und denkt: Wer wills ihm wehren?
Ist er doch Herr im Haus.
8.
Geduld kann lange warten,
Vertreibt die lange Weil
In Gottes schönem Garten,
Durchsucht zu ihrem Heil
Das Paradies der Schrift
Und schützt sich früh und späte
Mit eifrigem Gebete
Vor Satans List und Gift.
9.
Geduld tut Gottes Willen,
Erfüllet sein Gebot
Und weiß sich wohl zu stillen
In aller Feinde Spott.
Es lache, wems beliebt:
Wird sie doch nicht zu schanden,
Es ist bei ihr vorhanden
Ein Herz, das nichts drauf gibt.
10.
Geduld dient Gott zu Ehren
Und läßt sich nimmermehr
Von seiner Liebe kehren;
Und schlüg er noch so sehr,
So ist sie doch bedacht,
Sein heilge Hand zu loben,
Spricht: Der im Himmel droben
Hat alles wohl gemacht.
11.
Geduld erhält das Leben,
Vermehrt der Jahre Zahl,
Vertreibt und dämpft darneben
Manch Angst und Herzensqual;
Ist wie ein schönes Licht,
Davon, wer an ihr hanget,
Mit Gottes Hilf erlanget
Ein fröhlichs Angesicht.
12.
Geduld macht große Freude,
Bringt aus dem Himmelsthron
Ein schönes Halsgeschmeide,
Dem Haupt ein edle Kron
Und königlichen Hut;
Stillt die betrübten Tränen
Und füllt das heiße Sehnen
Mit rechtem guten Gut.
13.
Geduld ist mein Verlangen
Und meines Herzens Lust,
Nach der ich oft gegangen:
Das ist dir wohl bewußt,
Herr voller Gnad und Huld,
Ach, gib mir und gewähre
Mein Bitten! Ich begehre
Nichts andres als Geduld.
14.
Geduld ist meine Bitte,
Die ich sehr oft und viel
Aus dieser Leibeshütte
Zu dir, Herr, schicken will.
Kommt dann der letzte Zug,
So gib durch deine Hände
Auch ein geduldigs Ende!
So hab ich alles gnug.
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Guter Rat
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Autor: Julius Sturm
Sucht dich die Freude, grüße sie.
Sie schmückt das Erdenleben;
Gib Raum ihr, doch vergiss es nie,
Dass Flügel ihr gegeben.
Und wenn dich Leid und Weh ereilt,
Musst sie geduldig tragen
Und hoffen, dass die Wunden heilt,
Die Hand, die sie geschlagen.
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Über die Geduld

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Autor: Olaf Lüken
Geduld sei Euch ein inn’rer Befehl.
Ihr! – des Lebens wahre Kenner!
Nehmt für die Wüste ein Kamel,
als Araber oder and’re Renner.
© Olaf Lüken
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Über die Geduld
Autor: Rainer Maria Rilke
Man muss den Dingen
die eigene, stille
ungestörte Entwicklung lassen,
die tief von innen kommt,
und durch nichts gedrängt
oder beschleunigt werden kann;
alles ist austragen – und
dann gebären …
Reifen wie der Baum,
der seine Säfte nicht drängt
und getrost in den Stürmen des Frühlings steht,
ohne Angst,
dass dahinter kein Sommer
kommen könnte.
Er kommt doch!
Aber er kommt nur zu den Geduldigen,
die da sind,
als ob die Ewigkeit vor ihnen läge,
so sorglos, still und weit …
Man muss Geduld haben
Mit dem Ungelösten im Herzen,
und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,
wie verschlossene Stuben,
und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache
geschrieben sind.
Es handelt sich darum, alles zu leben.
Wenn man die Fragen lebt,
lebt man vielleicht allmählich,
ohne es zu merken,
eines fremden Tages
in die Antworten hinein.
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