November
Autor: Heinrich Seidel
Solchen Monat muß man loben:
							Keiner kann wie dieser toben,
							keiner so verdrießlich sein
							und so ohne Sonnenschein!
							Keiner so in Wolken maulen,
							keiner so mit Sturmwind graulen!
							Und wie naß er alles macht!
							Ja, es ist ’ne wahre Pracht.
Seht das schöne Schlackerwetter!
							Und die armen welken Blätter,
							wie sie tanzen in dem Wind
							und so ganz verloren sind!
							Wie der Sturm sie jagt und zwirbelt
							und sie durcheinander wirbelt
							und sie hetzt ohn′ Unterlaß:
							Ja, das ist Novemberspaß!
Und die Scheiben, wie sie rinnen!
							Und die Wolken, wie sie spinnen
							ihren feuchten Himmelstau
							ur und ewig, trüb und grau!
							Auf dem Dach die Regentropfen:
							Wie sie pochen, wie sie klopfen!
							Schimmernd hängt′s an jedem Zweig,
							einer dicken Träne gleich.
Oh, wie ist der Mann zu loben,
							der solch unvernüft′ ges Toben
							schon im voraus hat bedacht
							und die Häuser hohl gemacht;
							sodaß wir im Trocknen hausen
							und mit stillvergnügtem Grausen
							und in wohlgeborgner Ruh
							solchem Greuel schauen zu.
 
								Bild von Maria Karysheva auf Pixabay

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