Herbstgedichte – Luise Büchner

Herbstgedichte, Herbstlyrik, Herbstpoesie – Luise Büchner

Inhaltsverzeichnis

Herbstgedichte

Herbstesschwere

Autor: Luise Büchner

Trüb’ die Sonne hinter Wolken steht,
Feucht der Westhauch über Stoppeln weht,
Herbstesöde ruht auf dem Gefild,
Herbstesöde - meiner Seele Bild!

Müsst ihr Fluren auch entlaubet steh’n,
Einen Frühling habt ihr doch geseh′n,
Eines Sommerkusses Glut gefühlt,
Eh’ euch kalter Todeshauch durchwühlt.

Ach! Mir hat kein Frühling noch gelacht,
Keine Blüt’ entsproß des Herzens Nacht,
Und es naht kein heißer Sommertag,
Der mit glüh’ndem Kuß sie lichten mag.

Frühling kehrt zurück mit jungem Grün,
Blumen über Gräbern neu erblüh’n;
Frühling! Heil’ des müden Herzens Not,
Glückesblüten gib’ ihm, oder Tod!

Sonnenaufgang auf dem Stoppelfeld
Sonnenaufgang auf dem Stoppelfeld
Bild von Andreas Göllner auf Pixabay

Herbstlied

Autor: Luise Büchner

Es liegt der Herbst auf allen Wegen,
In hundert Farben prangt sein Kleid,
Wie seine Trauer, seinen Segen
Er um sich streut zu gleicher Zeit.

Es rauscht der Fuß im welken Laube,
Was blüht und grünte, ward ein Traum -
Allein am Stocke winkt die Traube
Und goldne Frucht schmückt rings den Baum.

So nimmt und gibt mit vollen Händen
Der Herbst, ein Dieb und eine Fee;
Erfüllung kann allein er spenden,
Doch sie umfängt ein tiefes Weh! -

O, Herbst der Seele! deine Früchte,
Sind auch Gewinn sie, oder Raub?
Der Wünsche Blüte ist zunichte,
Der Hoffnung Grün ein welkes Laub.

Zu schwer erkauft, um zu beglücken,
O, Seelenherbst, ist deine Zier!
Der Saft der Traube kann entzücken,
Doch keine Wonne strömt aus dir.

Die Weisheit, wie die Frucht sie nennen,
Sie presst mir bittre Tränen aus,
Und ihres Kernes herbem Brennen
Entkeimet nie ein Frühlingsstrauß!

Herbstfarbene Blätter der Zaubernuss
Herbstfarbene Blätter der Zaubernuss
Bild von Annette Meyer auf Pixabay