Herbstgedichte von Max Dauthendey

Herbstgedichte, Herbstlyrik, Herbstpoesie – von Max Dauthendey

Inhaltsverzeichnis

Herbstgedichte

Das erste Herbstblatt

Autor: Max Dauthendey

Das erste Herbstblatt leuchtet wie Blut,
Als ob verwundet im Strauch einer ruht.
Sein Blut von Blatt zu Blatt still tropft,
Sein Tod an alle Bäume klopft.

Die Sonne brennt so still und stumm,
Das rote Blatt geht drohend um,
Als müßte ein Mörder im Strauchwerk stehen
Und wild sein Blutdurst am Weg umgehen.

Und abends steigt der Rauch dann auf.
Als sei das Land ein Kehrichthauf,
So lastet am Fluß ein schwüler Dunst
Wie der letzte Atem der Sommerbrunst.

Beginn der Herbstfärbung
Beginn der Herbstfärbung
Bild von Dominik Rheinheimer auf Pixabay

Herbstraben

Autor: Max Dauthendey

Herbstraben sammeln sich in den Bäumen,
Als ob schwarze Lappen die Äste säumen.
Herbstraben bellen, die Äcker schallen,
Die Raben schwarz aus den Baumkronen fallen.

Sie jagen wie Furien entlang an den Hügeln
Und tragen die Winternacht auf den Flügeln.
Sie streichen verhexend rund um das Haus,
Sie stoßen knarrende Schreie aus,

Als ächzten im Berg unsichtbare Türen,
Die zu den verlassensten Stuben führen.
Die Raben fliegen und fliegen nicht weiter,
Die Blätter fallen, der Waldweg wird breiter.

Und aus den Hügeln mit nassen Wangen
Kommt Verlassenheit breit an dein Haus gegangen.
Und Wolke bei Wolke ins Fenster dir speit,
Und Rabe um Rabe ins Ohr Dir schreit.

Rabe auf herbstlichem Zweig
Rabe auf herbstlichem Zweig
Bild von Ewa Urban auf Pixabay

Jetzt ist es Herbst

Autor: Max Dauthendey

Jetzt ist es Herbst, die Welt ward weit,
Die Berge öffnen ihre Arme
Und reichen dir Unendlichkeit.
Kein Wunsch, kein Wuchs ist mehr im Laub,
Die Bäume sehen in den Staub,
Sie lauschen auf den Schritt der Zeit.

Jetzt ist es Herbst, das Herz ward weit.
Das Herz, das viel gewandert ist,
Das sich verjüngt mit Lust und List,
Das Herz muss gleich den Bäumen lauschen
Und Blicke mit dem Staube tauschen.
Es hat geküsst, ahnt seine Frist,
Das Laub fällt hin, das Herz vergisst.

Wilde Kirschen im Herbst
Wilde Kirschen im Herbst
Bild von beauty_of_nature auf Pixabay

Lieb’ kennt keine Jahreszeit

Autor: Max Dauthendey

Sommer, der so fröhlich war,
Er entläßt der Vögel Schar,
Tausend Stare weiter ziehn,
Tausend Lieder jetzt entfliehn.

Auf der Wiese, die verblüht,
Noch der Himmel einsam glüht,
Wie die Sehnsucht, die nie stirbt
Und um neue Lieder wirbt.

Sitzt das Herz am rechten Fleck,
Fällt’s nicht wie ein Herbstblatt weg,
Wechselt auch der Baum sein Kleid, –
Lieb’ kennt keine Jahreszeit.

Starenflug im Herbst
Starenflug im Herbst
Bild von Markus Baumeler auf Pixabay

Silberne Winde rasseln im Laub

Autor: Max Dauthendey

Silberne Winde rasseln im Laub,
Und der Garten knirscht und rauscht
Schon den langen, langen Morgen.
Wolken hangen graugebauscht,
Fließen trübend durch die Sonne,
Fließen um das trübe Haus.

Blätter im Herbstwind
Blätter im Herbstwind
Bild von Alicja auf Pixabay

Tage, wie Blätter still

Autor: Max Dauthendey

Oft halten sich Tage wie Blätter still,
Der Himmel regnen nur regnen will.
Als wären die Häuser ganz menschenleer,
Es gehen die Menschen wie Schemen umher,
Und einem Verliebten trauern die Ohren,
Er horcht auf ein Lied hinterm Regen verloren.

Rote Blätter im Herbst
Rote Blätter im Herbst
Bild von Jimmy Lau auf Pixabay

Und Nächte werden aus allen Tagen

Autor: Max Dauthendey

Und Nächte werden aus allen Tagen
Dann endet keine Straße mehr,
Und wie Gespinste aus grauen Sagen
Hängen die Nebel die kreuz und quer.

Ich suche die Nähe und suche die Ferne
Und habe den Weg nicht weiter gebracht,
Als von einer Laterne zur andern Laterne,
Von Nebelschacht zu Nebelschacht.

Der Nebel geht immer mit deinem Schritte.
Nur so lang du dein Blut mit Blut vermischt,
Nimmt kurz dich das Licht in seine Mitte,
Der Nebel vorm flammenden Blut verzischt.

Bäume im Nebel
Bäume im Nebel
Bild von Peggychoucair auf Pixabay

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Oktober
November