Herbstgedichte von Friedrich Hebbel

Herbstgedichte, Herbstlyrik, Herbstpoesie – von Friedrich Hebbel

Inhaltsverzeichnis

Herbstgedichte

Der letzte Baum

Autor: Friedrich Hebbel

So wie die Sonne untergeht,
Gibt's einen letzten Baum,
Der, wie in Morgenflammen, steht
Am fernsten Himmelssaum.

Es ist ein Baum und weiter nichts
Doch denkt man in der Nacht
Des letzten wunderbaren Lichts,
So wird auch sein gedacht.

Auf gleiche Weise denk ich dein,
Nun mich die Jugend lässt,
Du hältst mir ihren letzten Schein
Für alle Zeiten fest.

Sonnenuntergang im Herbst
Sonnenuntergang im Herbst
Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Herbstbild

Autor: Friedrich Hebbel

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.

O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was von dem milden Strahl der Sonne fällt.

Roter Boskoop am Baum
Roter Boskoop am Baum
Bild von Silverije, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Spaziergang am Herbstabend

Autor: Friedrich Hebbel

Wenn ich abends einsam gehe
Und die Blätter fallen sehe,
Finsternisse niederwallen,
Ferne, fromme Glocken hallen:

Ach, wie viele sanfte Bilder,
Immer inniger und milder,
Schatten längst vergangner Zeiten,
Seh ich dann vorübergleiten.

Was ich in den fernsten Stunden,
Oft nur halb bewußt, empfunden,
Dämmert auf in Seel’ und Sinnen,
Mich noch einmal zu umspinnen.

Und im inneren Zerfließen
Mein ich’s wieder zu genießen,
Was mich vormals glücklich machte,
Oder mir Vergessen brachte.

Doch, dann frag ich mich mit Beben:
Ist so ganz verarmt dein Leben?
Was du jetzt ersehnst mit Schmerzen,
Sprich, was war es einst dem Herzen?

Völlig dunkel ist’s geworden,
Schärfer bläst der Wind aus Norden,
Und dies Blatt, dies kalt benetzte,
Ist vielleicht vom Baum das letzte.

Einsame Eiche im Sonnenuntergang
Einsame Eiche im Sonnenuntergang
Bild von Marek Ropella auf Pixabay