Herbstgedichte von Ferdinand von Saar

Herbstgedichte, Herbstlyrik, Herbstpoesie – von Ferdinand von Saar

Inhaltsverzeichnis

Herbstgedichte

Herbst

Autor: Ferdinand von Saar

Der du die Wälder färbst,
Sonniger, milder Herbst,
Schöner als Rosenblüh’n
Dünkt mir dein sanftes Glüh’n.

Nimmermehr Sturm und Drang,
Nimmermehr Sehnsuchtsklang;
Leise nur atmest du
Tiefer Erfüllung Ruh’.

Aber vernehmbar auch
Klaget ein scheuer Hauch,
Der durch die Blätter weht:
Dass es zu Ende geht.

Herbstliche Blätter am Teich
Herbstliche Blätter am Teich
Bild von Kanenori auf Pixabay

Herbstlese

Autor: Ferdinand von Saar

Schon blicken rote Wipfel
Aus fahlem Laub hervor,
Leis’ um der Berge Gipfel
Wallt lichter Nebelflor.

Schon folgt dem Schnitterreigen
Des Jägers rascher Schuss –
Doch reift’s noch an den Zweigen
Im letzten Sonnenkuss.

Bald nahen frohe Hände,
Sie schütteln Ast um Ast,
Sie brechen vom Gelände
Der Trauben süße Last.

Denn so ist’s allerwegen:
Dass für des Sommers Fleiß
Mit köstlich reichem Segen
Der Herbst zu lohnen weiß.

Doch was ist dir beschieden,
Der du die Zeit verträumt,
Der du, zu sä’n hienieden,
Zu pflanzen hast versäumt?

Da du im Frühlingshauche
Nach Rosen nur gesucht:
So pflück’ vom dorn’gen Strauche
Dir jetzt die herbe Frucht.

Bunter Obstkorb
Bunter Obstkorb
Bild von Султан Малахмедов auf Pixabay

Landschaft im Spätherbst

Autor: Ferdinand von Saar

Üeber kahle, fahle Hügel
Streicht der Dämm’rung kühler Flügel;
Dunkel, wie erstarrte Träume,
Steh’n im Tal entlaubt die Bäume.

Tiefe Stille, tiefes Lauschen:
Keine Welle hörst du rauschen,
Keine Stimme hörst du klingen,
Dir des Lebens Gruß zu bringen.

Nur als stummes Bild der Gnade
Siehst du dort am stein’gen Pfade,
Von des Kreuzes Holz getragen,
Durch die Nacht den Heiland ragen.

Kreuz auf einem Hügel
Kreuz auf einem Hügel
Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Nun ist das Korn geschnitten …

Autor: Ferdinand von Saar

Nun ist das Korn geschnitten,
Die Felder leuchten fahl;
Ringsum ein tiefes Schweigen
Im heißen Sonnenstrahl.

Verblüht ist und verklungen,
Was duftete und sang,
Nur sanft tönt von den Triften
Der Herdeglockenklang.

Das ist, o Menschenseele,
Des Sommers heil'ger Ernst,
Daß du, noch eh' er scheidet,
Dich still besinnen lernst.

Stoppelfeld nach der Getreideernte
Stoppelfeld nach der Getreideernte
Bild von Günther Schneider auf Pixabay