November-Gedichte

Der November steht für den Übergang zum Winter. Er gilt als dunkler Monat und als Monat des stillen Gedenkens. Katholiken feiern Allerheiligen und Allerseelen, während Protestanten den Totensonntag begehen. Doch mit dem Martinstag kommt auch das Leuchten zurück. Lassen Sie sich von den Gedichten bezaubern.

Inhaltsverzeichnis

Gedichte über den Monat November

Der Novembertag

Autor: Rainer Maria Rilke

Kalter Herbst vermag den Tag zu knebeln,
seine tausend Jubelstimmen schweigen;
hoch vom Domturm wimmern gar so eigen
Sterbeglocken in Novembernebeln.

Auf den nassen Dächern liegt verschlafen
weißes Dunstlicht; und mit kalten Händen
greift der Sturm in des Kamines Wänden
eines Totenkarmens Schlußoktaven.

Baum auf Wiese im Morgennebel
Baum auf Wiese im Morgennebel
Bild von Peggychoucair auf Pixabay

November

Autor: Max Dauthendey

Bin heut im erstarrten Garten gewesen,
Wo ich in deinem Auge einst Lieder gelesen;
Wo die Biene den Tropfen Seligkeit sog,
Und wie ein Stückchen Himmel der Schmetterling flog.

Wo der Mond aufstieg wie der Liebe Lob,
Wie ein Herz, das sich von der Erde hob,
Und wo jetzt die Wurzeln der Blumen verwesen,
Hab ich in toten Blättern noch Lieder gelesen.

Herbstblätter im Garten
Herbstblätter im Garten
Bild von Jacques GAIMARD auf Pixabay

November

Autor: Olaf Lüken

Trüber Himmel, nasse Tage,
kommen wieder, Jahr für Jahr.
Nässe, Schwere, ew’ge Plage,
legt der Monat uns jetzt dar.

Vergesst nur nicht die schönen Stunden
und ein Leben, das auch beglückt.
Der Monat heilt so viele Wunden,
befreit von Trübsal, die uns bedrückt.

Die Luft ist rau und nebelnass.
Sturmwinde, die urplötzlich wehen.
Regen rinnt in ein großes Fass.
Lasst dem Advent uns entgegen sehen.

© Olaf Lüken

Regentag – Regentropfen
Regentag – Regentropfen
Bild von lillaby auf Pixabay

November

Autor: Heinrich Seidel

Solchen Monat muß man loben:
Keiner kann wie dieser toben,
keiner so verdrießlich sein
und so ohne Sonnenschein!
Keiner so in Wolken maulen,
keiner so mit Sturmwind graulen!
Und wie naß er alles macht!
Ja, es ist ’ne wahre Pracht.

Seht das schöne Schlackerwetter!
Und die armen welken Blätter,
wie sie tanzen in dem Wind
und so ganz verloren sind!
Wie der Sturm sie jagt und zwirbelt
und sie durcheinander wirbelt
und sie hetzt ohn′ Unterlaß:
Ja, das ist Novemberspaß!

Und die Scheiben, wie sie rinnen!
Und die Wolken, wie sie spinnen
ihren feuchten Himmelstau
ur und ewig, trüb und grau!
Auf dem Dach die Regentropfen:
Wie sie pochen, wie sie klopfen!
Schimmernd hängt′s an jedem Zweig,
einer dicken Träne gleich.

Oh, wie ist der Mann zu loben,
der solch unvernüft′ ges Toben
schon im voraus hat bedacht
und die Häuser hohl gemacht;
sodaß wir im Trocknen hausen
und mit stillvergnügtem Grausen
und in wohlgeborgner Ruh
solchem Greuel schauen zu.

Blätter im Herbst
Blätter im Herbst
Bild von Maria Karysheva auf Pixabay

Novemberabend

Autor: Adolf Friedrich von Schack

Ein Hauch des Grabes schien von Blatt zu Blatt,
Von Ast zu Ästen träg zu wallen;
Das letzte Laub nur klammerte noch matt
Sich an die Zweige vor dem Fallen.

Vom Nebel des Novembers kalt umtrieft,
Der rings auf Hügeln lag und Mooren,
Hin schritt ich, in Erinnerung vertieft,
An all das Glück, das ich verloren.

Der Jugend Hoffnungen und Träume deckt
Für immerdar die Nacht der Grüfte,
Und meine Seele bebt zurück erschreckt,
Wenn ich den Leichenschleier lüfte.

Dahin, wie meines Geistes kühner Flug,
Ihr, die im Arm ihr einst mir ruhtet!
An Wunden, die euch früh das Schicksal schlug,
Um mich, vor mir seid ihr verblutet!

Der einsam ich zurückgeblieben bin,
Nun stürmen fühl’ ich’s rau und rauer,
Und meines Lebens Blätter sinken hin,
Die letzten in des Herbstes Schauer.

Ich dacht’ es; hinter Wolken, trüb’ und schwer,
Sah ich das Abendlicht verglimmen,
Und leise trug der Wind vom Friedhof her
Mir an das Ohr der Toten Stimmen.

Grabsteine im Nebel
Grabsteine im Nebel
Bild von Ed White auf Pixabay

November, der dunkle Monat

Autor: Olaf Lüken

Nebel hält ein Dorf umschlungen.
Traurig reihen sich Haus an Haus.
Die Welt schwelgt in Erinnerungen.
So mancher Mensch bricht einfach aus.

Immer enger zieh’n wir leise,
uns’re kleinen Lebenskreise.
Was wir denken, hoffen, lieben,
ist öfters auf der Streck’ geblieben.

Tau benetzt die Giebeldächer.
Gespenstisch wirkt des Nebels Hauch.
Alte frösteln vorm Gemächer.
Aus Kaminen entflieht der Rauch.

Auf den Äckern treiben Schwaden.
Der Nebel steht im fahlen licht.
Nebel erweckt halbtoten Maden.
Nebel beflügelt mein zweites Gesicht.

Nasser Wind zieht durch die Räume,
hebt in die Höh’ manch buntes Blatt.
Regenschauer beendet Träume.
Mein Land im Herbst, zwischen Berg und Watt.

Allerheiligen und Allerseelen.
Der Monat küsst die Dunkelwelt.
Ängste schnüren sehr viele Kehlen.
Eine Dogge, die in der Gasse bellt.

© Olaf Lüken

Dorf auf einem Hügel im Nebel
Dorf auf einem Hügel im Nebel
Bild von Huệ Nguyễn auf Pixabay

Novembergrau

Autor: Olaf Lüken

Novembergrau und Waldesluft.
Auch das ist ein Vergnügen!
Wenn des Herbstes kräftiger Duft
und hoch die Krähen fliegen.

Wenn des Baches Wellen sich
durch die Gräser schmiegen.
Und das Rehwild vorsichtig,
Buschgeflechte biegen.

Ach, wie ist das Leben schön,
sich im Wind zu wiegen.
Und zum Himmel aufzusehn!
Herbstliches Vergnügen.

© Olaf Lüken

Herbst, Weg, Bäume, Nebel
Stimmungsvoller Waldweg im Herbst mit Nebel
Bild von Peggychoucair auf Pixabay

Novembernebel

Autorin: Heidi Hollmann

Der Nebel lässt die Welt verblassen.
Hat sie in weissen Dunst getaucht.
Ich fühl mich einsam und verlassen.
Hätt einen guten Freund gebraucht.

Und wie es auf der Welt so üblich,
der, den man braucht, ist nicht zuhaus.
So bleibt es weiterhin betrüblich.
Die Welt sieht weiter finster aus.

Der Nebel hat mit mir Erbarmen.
Die Nebeldecke öffnet sich.
Schneeflöckchen, die mich lieb umarmen,
sind Engelsboten, nur für mich.

So schau ich auf die Pracht hernieder.
Freu mich, dass mir der Himmel lacht.
Die Lebensgeister kehren wieder,
als hätt’s ein guter Freund vollbracht.

© Heidi Hollmann

Straße im herbstlichen Wald
Straße im herbstlichen Wald
Bild von Valentin auf Pixabay

Novemberrauschen

Autor: Olaf Lüken

Himmel und Städte, jetzt in aschgrau.
Vor den Gräbern trauern Mann und Frau.
Heftiger Regen prasselt auf die Blätter,
traurig die Menschen, traurig das Wetter.

Manche Blätter auch auf Gräbern liegen.
Kinder die mit den Hüften sich wiegen.
Friedhofswege und Büsche, triefend nass.
Manche weinen, fern ist ihr Hass.

Winde schlagen jetzt in Böen aus.
Auch Gläubige füllen das Gotteshaus.
November lässt die Sinne reifen.
Spatzen, die auf Grabsteinen pfeifen.

Den November möchte ich loben.
Niemand kann wie dieser toben.
Keiner kann so verdrießlich sein,
kühl und nass, zu wenig Sonnenschein.

© Olaf Lüken

Blätter fallen im November
Blätter fallen im November
Bild von missartem auf Pixabay

Novembertag

Autor: Christian Morgenstern

Nebel hängt wie Rauch ums Haus,
drängt die Welt nach innen;
ohne Not geht niemand aus;
alles fällt in Sinnen.

Leiser wird die Hand, der Mund,
stiller die Gebärde.
Heimlich, wie auf Meeresgrund
träumen Mensch und Erde.

Hütte in den Bergen im Nebel
Hütte in den Bergen im Nebel
Bild von Albrecht Fietz auf Pixabay

Novembertag

Autorin: Clara Müller-Jahnke

Geht ein sonnenloser Tag
wiederum zur Neige,
und der graue Nebel tropft
durch die kahlen Zweige.

Leise atmend ruht die See,
müde, traumumsponnen …
eine Woge, schaumgekrönt,
ist im Sand zerronnen.

Schwan im Novembernebel
Schwan im Novembernebel
Bild von Jürgen auf Pixabay

Novemberträumerei

Autor: Olaf Lüken

Bin im kalten Wald gewesen,
konnte seine Worte hören.
Wo die Biene vom Nektar sog,
wohin der Schmetterling gerne flog.
Der Mond ging auf, der Liebe zum Lob.
Der November sieht Natur verwesen.
Er hat im Buch vom Sommer gelesen!

© Olaf Lüken

Laub im November
Laub im November
Bild von Jürgen auf Pixabay