Oktober-Gedichte

Der Oktober hat zwei Gesichter: Den goldenen Herbst mit Ernte und flammendem Laub gefolgt vom grauen Oktober mit Laubfall, Nebel und Kälte. Er steht für goldgelbe Wälder, sonnig-warme Tage, Kastanien, Wein und Kürbisse, aber auch für wenig Sonnenlicht und naßkaltes, trübes Wetter.

Inhaltsverzeichnis

Gedichte über den Monat Oktober

Goldener Oktober

Autor: Olaf Lüken

Buchen und Gräser im goldenen Oktober
Buchen und Gräser im goldenen Oktober
Bild von unbekannt auf Pixabay

Wabernde Nebel schleichen ums Haus.
Äste rücken ihre Blätter heraus.
Frau Sommer verlässt den Zyklusverein.
Mit Wärme hüllte sie das Leben ein.

Sonnenblumen drehn sich, tief versunken.
Lebenslust macht uns jedesmal trunken.
Erntewagen auf dem Weg zur Scheuer.
Trauben, die perlen, sehr süß und teuer.

Auch im Oktober küsst es sich gut.
Liebe erhitzt auch im Kalten das Blut.
Golden der Oktober die Fäden spinnt.
Es wandern die Alten, es spielt das Kind.

Die Winde liegen auf dem Bauch,
wirbeln frech mit kaltem Hauch.
Der Winter schaut rüber, hinter’m Berg,
humpelt heran wie ein alter Zwerg.

© Olaf Lüken


Herbst

Autor: Richard von Schaukal

Oktoberwind liegt auf dem Bauche
und wirbelt frech mit kaltem Hauche
die welken Blätter in die Welt.
Die blassen Fensterscheiben zittern,
die Bäche sind erschreckt und flittern,
die Hasen ducken sich ins Feld.

Du, hohe Sonne, kämpfst vergebens
mit schwachem Strahle kranken Lebens:
der Winter wartet auf dem Berg.
Die Verse sind ganz steif gefroren,
sie haben allen Schwung verloren
und humpeln wie ein alter Zwerg.

Herbstblätter im Oktoberwind
Herbstblätter im Oktoberwind
Bild von 🌸♡💙♡🌸 Julita 🌸♡💙♡🌸 auf Pixabay

Lied im Oktober

Autor: Guido Zernatto

Wenn ich jetzt in meinem Garten
Bei den blassen Astern stehe,
Oder zugeknöpft und fröstelnd
Durch die leeren Felder gehe,

Wenn ich irgendwo am Wegrand
Einen toten Maulwurf sehe,
Spüre ich und fühl’s gewaltig:
Ja, der Herbst ist in der Nähe!

Ja, der Herbst ist in der Nähe
Und der Winter und die Ruh!
Und jetzt fließen alle Zeiten
Sänftlich ihrer Mündung zu.

Holzbank im herbstlichen Wald
Holzbank im herbstlichen Wald
Bild von biancamentil auf Pixabay

Oktober

Autor: Max Dauthendey

Zaudernde Nebel gehen ums Haus,
Der Herbsttag kleidet die Bäume aus.
Werde nicht bang, Geliebte mein,
Die Liebe schläft nicht mit den Bäumen ein.
Verlöschen im Garten die Blumen wie Funken,
Sind die Gärten wie Spuk versunken,
Werden die Tage dunkel und scheuer,
Dir wächst in meiner Kammer unersättliches Feuer.
In langen Nächten küsst es sich gut,
Verliebte haben den Sommer im Blut.

Straße mit herbstfarbenen Bäumen im Morgennebel
Straße mit herbstfarbenen Bäumen im Morgennebel
Bild von Markus Distelrath auf Pixabay

Oktober

Autor: Hermann Löns

Ein grauer Schleier hält die Stadt umwickelt,
Auf zwanzig Schritte macht das Auge Schicht,
Der nasse Staub mir in den Schnurrbart prickelt
Und rinnt mir kitzelnd über das Gesicht.

Schwer tropft das Wasser von den stummen Bäumen,
Als geisterblasser, fahler Strahlenkranz
Gewaltig lange Nebelstreifen säumen
Der Gaslaternen halbverwischten Glanz.

Es wandelt vor mir her ein Liebespärchen
Und hält sich fest und innigheiß umschmiegt –
Das ist das alte, oft erzählte Märchen
Von ihm und ihr und dass sie sich gekriegt.

Ein Mann geht neben mir mit festem Tritte
Und pfeift ein Gassenliedchen laut und klar,
Er weiß, dass ihn in warmer, eigner Hütte
Sein Weib erwartet und der Kinder Schar.

Der Hoffnungsnebel hält sie all’ umfangen,
Durchschimmern sehn sie ihren Zukunftsbau,
Vor meinen Augen ist der Dunst zergangen
Und ich weiß längst, dass alles schwarz und grau.

Vor meinem Blick zerriss der Nebelfetzen
Und was ich sah, war schlimmer als der Tod,
Denn grausig, wie der Babylonier Götzen,
Hat mir die Unbefriedigung zugedroht.

Kein Lebensweg führt an ein festes Ende,
Ein Ende jedes Strebens – eine Kluft!
Nach festem Boden fassen deine Hände
Und fassen haltlos in die graue Luft.

So große Worte und so kleine Triebe!
Der Ruhm? – Die Sucht, ein größrer Narr zu sein,
Bemäntelter Geschlechtstrieb – das heißt Liebe,
Die Wissenschaft – nutzlose Spielerein.

Und wenn du auch ein großes Ziel erstritten,
Und dich stolzlächelnd in das Grab gelegt –
Ach, Millionen haben schon gelitten,
Gleichgültig ist die Zeit vorbeigefegt.

Ach, Weltverbesserung und Mitleidsschmerzen,
Sie stopfen nicht das unheilbare Loch,
Es bluteten Millionen Menschenherzen
Und Millionen werden bluten noch.

Und Hunger, Wahnsinn, Morden, Lügen, Rauben,
Die werden sein, solang’ die Welt besteht –
Drum hüll’ dich ein in Hoffen oder Glauben
Und lass es ruhig gehen wie es geht.

Blick zur Grabkapelle auf dem Württemberg
Blick zur Grabkapelle auf dem Württemberg
Bild von Siegfried Frech auf Pixabay

Oktoberlied

Autor: Theodor Storm

Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!

Und geht es draußen noch so toll,
Unchristlich oder christlich,
Ist doch die Welt, die schöne Welt,
So gänzlich unverwüstlich!

Und wimmert auch einmal das Herz -
Stoß an und lass es klingen!
Wir wissen's doch, ein rechtes Herz
Ist gar nicht umzubringen.

Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!

Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
Doch warte nur ein Weilchen!
Der Frühling kommt, der Himmel lacht,
Es steht die Welt in Veilchen.

Die blauen Tage brechen an,
Und ehe sie verfließen,
Wir wollen sie, mein wackrer Freund,
Genießen, ja genießen!

Anstoßen mit Rotwein
Anstoßen mit Rotwein
Bild von 3D Animation Production Company auf Pixabay
Wasser macht weise, fröhlich der Wein,
drum trinke sie beide, um beides zu sein

Oktobersturm

Autor: Christian Morgenstern

Schwankende Bäume
im Abendrot –
Lebenssturmträume
vor purpurnem Tod –

Blättergeplauder –
wirbelnder Hauf –
nachtkalte Schauder
rauschen herauf.

Herbststurm in den Bergen
Herbststurm in den Bergen
Bild von Enrique auf Pixabay

Wo bleibt der goldene Herbst?

Autorin: Sieglinde Seiler

Wann tritt wohl der goldene Herbst
endlich sein buntes Gastspiel an?
Noch immer hat er Regenwolken
auf dem verfrüht zu nassen Plan.
Betont kühl sind schon die Nächte,
wo bereits der Bodenfrost lauert,
sodaß man sich mit Dinkelkissen
unter eine dicke Bettdecke kauert.

Verwöhnt vom heißen Sommer
setzt uns allen die Kälte sehr zu.
Frühmorgens trübes Nebelgrau
führt die Natur jetzt zur Winterruh’.
Erst seit gestern hat der Herbst
wärmere Sonnenstrahlen bereit.
So gefällt uns das Wetter besser
und paßt für des Oktobers Zeit.

Man kann zum Wandern gehen
oder im Wald nach Pilzen suchen,
vielleicht bei strahlendem Wetter
eine schöne Tagesfahrt buchen.
Im milden Herbstsonnenschein,
wo die Gartenarbeit leichter fällt,
läßt endlich der goldene Oktober
bunt aufleuchten seine Blätterwelt.

© 02.10.2025 Sieglinde Seiler

Herbstlicher Waldweg im Nebel
Herbstlicher Waldweg im Nebel
Bild von enrico bernardis auf Pixabay
Herbstlicher Waldweg im Sonnenlicht
Herbstlicher Waldweg im Sonnenlicht
Bild von Sascha Reuen auf Pixabay