Weihnachtsgeschenke
Gedichte und Geschichten über Geschenke zu Weihnachten.
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Brief an das Christkind
In Nürnberg lebte eine alte Frau,
für sie war das Leben einsam und grau,
mit Ihrem Einkommen war es schlecht bestellt,
mit einem Wort – sie hatte kein Geld.
Sie überlegte angestrengt hin und her,
woher denn Geld zu kriegen wär’.
Ihr kam ein Gedanke – oh, wie fein,
so schrieb sie ein Brief an das Christkindlein.
LIEBES CHRISTKIND ICH BIN ALT UND ARM,
DAS GELD IST ZU WENIG, ICH BITTE ERBARM,
DRUM SCHICKE MIR SCHNELLSTENS 100 EURO,
SONST MÜSSTE ICH HUNGERN UND WÄR NICHT MEHR FROH.
EINE ANDERE HILFE WEISS ICH NICHT MEHR,
DENN OHNE MONETEN IST’S DOCH RECHT SCHWER,
ABER BITTE BEEILE DICH MIT DEM GELD,
SONST IST’S NICHT MEHR SCHÖN AUF DIESER WELT.
Der Brief wird frankiert, in den Kasten gesteckt,
der Postbote ihn dann morgens entdeckt,
er liest die Adresse – was soll er nur machen,
„AN DAS CHRISTKIND“ – das ist ja zum Lachen.
Er denkt sich aber, ein Spaß muss sein,
der kommt ins Fach vom Finanzamt hinein.
Am nächsten Tag dort angekommen,
wird er vom Beamten in Empfang genommen.
Wenn Sie nun glauben, er schmeißt weg diesen Brief,
oh, so ist das nicht, da liegen Sie schief,
er liest die Adresse und denkt gleich daran,
wie man der alten Frau helfen kann.
Ja, Glauben Sie mir, das ist kein Scherz,
es gibt beim Finanzamt mal jemand mit Herz,
ihm kommt ein Gedanke, und das ist fein,
das könnt für die Frau eine Hilfe sein.
Er fängt gleich an durch die Büros zu wandern
und sammelt recht fleißig von einem zum andern.
Doch leider war er über den Erlös nicht ganz froh,
statt 100, bekam er nur 70 Euro.
Aber diese wurden dann verwandt
und an die arme Frau gesandt.
Diese freute sich sehr, man kann's kaum ermessen,
dass das Christkind hat sie nicht vergessen.
So schrieb Sie rasch einen Dankesbrief,
in Eile sie zum Postamt lief.
Sie schrieb ans liebe Christkindlein
dieses nette Briefelein:
LIEBES CHRISTKIND DEINE GABE FREUT MICH SO,
VIELEN DANK FÜR DIE 70 EURO.
DOCH SOLLTEST DU MAL WIEDER AN MICH DENKEN,
UND SO GÜTIG MIR WIEDER WAS SCHENKEN,
DANN MÖCHTE ICH DICH NUR UM EINES BITTEN,
DAS GELD NICHT ÜBER DAS FINANZAMT SCHICKEN.
DENN DIE LUMPEN HABEN UNGELOGEN,
VON DEN 100 EURO 30 ABGEZOGEN.
Das richtige Pferd
Autoren: Paula und
Richard Dehmel
Wer schenkt mir ein lebendiges Pferd!
Mein Schaukelpferd ist gar nichts wert,
es hat so steife Beine,
es stampft nicht, frisst nicht, wiehert nicht,
und macht solch ledernes Gesicht,
und weiß nicht, was ich meine.
Wenn mir der Weihnachtsmann ein Pferd,
ein wirklich richtiges Pferd beschert,
dann reit ich über die Brücke,
und reite durch den Kiefernforst
nach Vehlefanz
und Haselhorst
und noch fünf große Stücke.
Dann bin ich mitten in der Welt,
da such ich mir ein Haberfeld
und lasse mein Pferdchen grasen.
Und dann, dann reit ich ans Ende der Welt,
wo der Riese den Regenbogen hält,
und – schick euch ’ne
Ansichtspostkarte.
Der Gabentisch ist öd und leer
Der Gabentisch ist öd und leer,
die Kinder schauen blöd daher,
da lässt der Vater einen krachen,
die Kinder fangen an zu lachen.
So kann man auch mit wenig Sachen,
kleinen Kindern Freude machen!
Der Wunschzettel
Autor: Heinrich Seidel, *
25.06.1842, † 07.11.1906
„Das Weihnachtsfest naht schon heran“ –
der Hansel sagt ’s beim Essen –,
„die Wünsche meld’ ich euch jetzt an,
ihr dürft sie nicht vergessen!
Um Ski und Schlittschuh möchte ich
euch ganz besonders bitten;
auch fehlt, ihr wisst es sicherlich,
mir noch ein neuer Schlitten.
Drei dicke Bücher wünsch ich mir,
Briefmarken auch daneben,
dazu ein Album und Papier,
um sie schön einzukleben.
Ein Domino, ein Schachbrettspiel,
ein Kasperletheater –
und einen neuen Peitschenstiel
vergiss nicht, lieber Vater!
Und viele Tiere auch von Holz
und andere aus Pappe,
Indianerfederkopfschmuck stolz
und eine neue Mappe.
Ein Brennglas, eine Kamera,
ein Blitzlicht für die Nacht; –
ich knipse dann von fern und nah,
wie sich’s gerade macht.
Und einen großen Tannenbaum,
dran hundert Lichter glänzen,
mit Marzipan und Zuckerschaum
und Schokoladenkränzen.
Doch scheint euch dies ein wenig viel,
so könnt ihr daraus wählen.
Es könnte wohl der Peitschenstiel
und auch die Mappe fehlen!“
Als Hansel so gesprochen hat,
sieht man die Eltern lachen.
„Was willst du, kleiner Nimmersatt,
mit all den vielen Sachen?“
„Wer so viel wünscht“, der Vater spricht,
„bekommt auch nicht ein Achtel.
Er kriegt ein ganz klein wenig Nix
in einer Pfennigschachtel.“
Vom Schenken
Autor: Joachim Ringelnatz
Schenke groß oder klein,
aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten die Gabe wiegen,
sei dein Gewissen rein.
Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei,
was in dir wohnt
an Meinung, Geschmack und Humor,
so dass die eigene Freude zuvor
dich reichlich belohnt.
Schenke mit Geist, ohne List.
Sei eingedenk,
dass dein Geschenk
du selber bist.
Weihnachtsgedicht vom Finanzamt
Denkt euch, ich habe das Christkind gesehen,
es war beim Finanzamt zu betteln und fleh’n.
Denn das Finanzamt ist gerecht und teuer,
verlangt vom Christkind die Einkommensteuer.
Das Amt will noch wissen, ob es angehen kann,
dass das Christkind so viel verschenken kann.
Das Finanzamt hat so nicht kapiert,
wo von das Christkind dies finanziert.
Das Christkind rief: „Die Zwerge stellen die Geschenke her“,
da wollte das Finanzamt wissen, wo die Lohnsteuer wär.
Für den Wareneinkauf müsste es Quittungen geben,
und die Erlöse wären anzugeben.
„Ich verschenke das Spielzeug an Kinder“
wollte das Christkind sich wehren,
dann wäre die Frage der Finanzierung zu klären.
Sollte das Christkind vielleicht Kapitalvermögen haben,
wäre dieses jetzt besser zu sagen.
„Meine Zwerge besorgen die Teile,
und basteln die vielen Geschenke in Eile.“
Das Finanzamt fragte, wie verwandelt,
ob es sich um innergemeinschaftliche Erwerbe handelt.
Oder kämen die Gelder, das wäre ein besonderer Reiz,
von einem illegalen Spendenkonto aus der Schweiz.
„Ich bin doch das Christkind, ich brauche kein Geld.
Ich beschenke doch die Kinder in der ganzen Welt.“
„Aus allen Ländern kommen die Sachen,
mit denen wir die Kinder glücklich machen.“
Dieses wäre ja wohl nicht geheuer,
denn da fehle ja die Einfuhrumsatzsteuer.
Das Finanzamt, von diesen Sachen keine Ahnung,
meinte dies wäre ein Fall für die Steuerfahndung.
Nach diesen Vorfall, welch ein Graus,
fällt Weihnachten dieses Jahr wohl aus.
Denn das Finanzamt sieht es so nicht ein,
und entzieht dem Christkind den Gewerbeschein.
Geschichten
Das größte Geschenk
Eine Weihnachtsgeschichte
In einem Land ist es sehr, sehr kalt. Die Menschen
frieren.
Drei Hirten sind beisammen und wärmen sich am Feuer.
Das Feuer gibt ihnen Wärme und Licht.
Die Hirten heißen Tobias, Andreas und Jakob. Sie
unterhalten sich. Sie erzählen sich die Geschichte von
dem König, der gekommen ist. Dieser König – so
sagt man – bringt allen Menschen Licht, Freude,
Friede und Rettung.
Während sie so beisammen sitzen und von diesem König
reden, kommt der kleine Phillip mit seiner Laterne
dazu. Auch er soll einmal ein Hirte werden. Der größte
Wunsch dieser drei Hirten ist es, den neuen König zu
sehen und ihm ein Geschenk zu geben. Ein Geschenk des
Dankes. Ein Willkommensgeschenk.
Nur so einfach ist das nicht – sie können doch
nicht die Schafe alleine lassen. Das darf ein Hirte nie
tun. Einer muss auf jeden Fall bei den Schafen bleiben.
Aber wer soll das sein? Jeder möchte ja den neuen König
sehen. Auch der kleine Phillip.
So denken sie sich etwas ganz besonderes aus. Alle
Hirten – auch der kleine Phillip – sollen
ein Geschenk für den König bringen. Das Geschenk wird
auf eine Waage gelegt. Der, der das geringste, das
leichteste Geschenk hat, muss bei der Herde bleiben.
Die anderen dürfen sich auf den Weg zum König
machen.
Alle sind mit diesem Vorschlag einverstanden. Die
Waage wird bereitgestellt – es kann also
beginnen.
Nun beginnt die Vorstellung der Geschenke. Jakob
bringt ein großes Schaffell und wirft es auf die Waage.
Andreas bringt einen großen Korb mit guten
Äpfeln. Tobias schleppt ein Bündel Holz herbei, damit
sich der neue König wärmen kann. Phillip bleibt übrig.
Die drei Hirten sind sich jetzt schon sicher, wer
zurückbleiben muss. Phillip?
Phillip hat nur eine kleine Laterne und sonst
nichts. Ein Licht ist zwar ein schönes Geschenk, aber
es wiegt nicht. Nun macht Phillip etwas Besonderes. Mit
der Laterne in der Hand steigt er auf die Waage und
sagt: Mein Geschenk für den König bin ich selbst. Er
wird vor allem Menschen brauchen, die ihm helfen, das
Licht weiterzutragen.
Nun ist es ganz still ums Feuer geworden und die
Hirten schauen nachdenklich den kleinen Phillip an und
denken über seine Worte, sein Geschenk nach.
Das Weihnachtsgeschenk
Ein Dollar und 87 Cents: Das war ihr ganzer Besitz
am Heiligen Abend. Wie sollte sie davon ein Geschenk
für ihren Mann kaufen?
Sie legte sich aufs Sofa und weinte. Dann stand sie
auf und tröstete ihr verweintes Gesicht mit der
Puderquaste. Und da vor dem Spiegel kam ihr die Idee:
Es gab in der Familie zwei Dinge, die ihr ganzer Stolz
waren: seine goldene Uhr und ihr wunderschönes, langes,
wallendes Haar. „Ich verkaufe meine Haare“,
sagte sie sich, dann habe ich Geld, um ihm ein
Weihnachtsgeschenk kaufen zu können.
Gesagt, getan. Sie fand ein Geschäft, das das Haar
aufkaufte. Zwanzig Dollar bekam sie für ihre Haare. In
den Restbestand brannte sie sich später zu Hause ein
paar Löckchen. Für das so erworbene Geld kaufte sie ihm
eine ganz wertvolle Uhrkette. Endlich sollte er seine
Uhr auch öffentlich zeigen können. Bisher versteckte er
sie immer verschämt wegen des schäbigen Uhrbandes.
Dann wird es Spätnachmittag. Er kommt nach Hause.
Als er seine Frau mit ihren kurzen Haaren sieht,
erbleicht er. Sie fällt ihm um den Hals: Sie wachsen
schon wieder nach. Und so sind sie doch auch ganz
schön!
Aber sie deutet sein Erbleichen falsch. Nicht weil
er sie so nicht leiden mochte, erbleichte er, sondern
wegen des Weihnachtsgeschenkes, das er für sie gekauft
hat: Es sind sie vielen kleinen Kämme und Spangen, vor
denen sie schon so oft geträumt hat, als sie noch im
Schaufenster des Friseurs lagen. Sie passten so gut zu
ihren schönen langen Haaren. Und nun sind sie kurz. Die
Haare!
Noch einmal tröstet sie ihren Mann: „Sie
wachsen ganz schnell wieder nach!“ Und dann
erzählt sie ihm, warum ihre Haare kurz sind: „Ich
habe meine Haare verkauft, um dir ein
Weihnachtsgeschenk machen zu können.“ Und sie
reicht ihm das Päckchen. Er öffnet es, sieht die
wertvolle Uhrkette – und muss lächeln! Er sagt:
Wir wollen unsere Weihnachtsgeschenke noch für einige
Zeit aufbewahren. Sie sind zu schön, als dass wir sie
jetzt gebrauchen könnten! Und dann erzählt er ihr, dass
er seine goldene Uhr versetzt hat, um ihr das erträumte
Geschenk zu machen.
Der kleine Igel an der Krippe
Autor: unbekannt
Mitten im Winter erging für die Menschen in Israel der Befehl des römischen Kaisers, sich in die Steuerlisten eintragen zu lassen.
Dazu musste jeder an seinen Geburtsort reisen. Auch Josef und Maria machten sich zu Josefs Geburtsstadt Betlehem auf. Maria war schwanger
und ihr Kind sollte schon bald geboren werden. Als sie nach einer tagelangen mühevollen Reise endlich Betlehem erreichten, war nirgends
ein Zimmer frei, nur in einem Stall vor der Stadt fanden sie Zuflucht. Die Geburt des Kindes stand kurz bevor.
Auf den Feldern rund um Betlehem lagerten Hirten mit ihren Herden. Es schien eine kalte Nacht wie viele andere zu werden. Plötzlich
aber wurden die Hirten von einem hellen Leuchten aufgeschreckt. Es erschienen ihnen Engel und sie hörten himmlische Musik. Ein Engel rief
ihnen zu: „Fürchtet euch nicht, ein Kind ist euch geboren im Stall bei Betlehem.“
Auch die Tiere des Waldes und auf den Feldern hörten die Botschaft. Der Engel hatte doch gesagt, das Kind werde die gesamte Schöpfung
erretten. So beschlossen die Tiere, es zu suchen. Sie wollten ihm zeigen, wie sehr sie sich über sein Kommen freuten, und ihm Geschenke
mitbringen: Federn und Wolle, Nüsse und Getreide, Früchte und Milch, alle hatten etwas Besonderes.
Nur der winzige Igel, der sich immer im Laub verbarg, fand nichts, was er hätte verschenken können. Der kleine Igel fühlte sich sehr
traurig, dennoch wollte auch er das Kind sehen und lief hinter den anderen Tieren her. Beim Stall fand er eine kleine Lücke in der Mauer
und huschte als Erster hinein. Dort stand er nun ganz alleine vor dem Kind, das in einer Krippe lag, und hatte doch kein Geschenk
mitgebracht.
Vorsichtig schlich er sich an den kleinen Jungen heran. Wie hübsch er doch war. Wie winzig und hässlich kam sich der kleine Igel dagegen
selbst vor. Immer näher schlich er und fand sogar einen Weg, um auf den Rand der Krippe zu klettern. Da saß er nun, während all die anderen
Tiere durch die inzwischen offene Tür hereinströmten, und blickte voll Sehnsucht auf das Kind.
Plötzlich hörte der kleine Igel die Worte: „Ich habe auf dich gewartet!“ Erschrocken sah er sich um, doch nur die leuchtenden Augen des
Jungen, der zu ihm aufsah, sprachen zu ihm. „Bist du das?“, flüsterte der kleine Igel. „Ja“, antwortete das Kind, „ich brauche dich. Du
hast so schöne kleine Stacheln, meine Mutter Maria hat nichts, um die Windeln festzustecken. Schenkst du mir welche?“
Alle seine Stacheln hätte der kleine Igel gegeben, nur für diesen Moment des Glücks. Er war erwünscht und willkommen, es gab etwas, das
er geben konnte. Wie reich beschenkt fühlte er sich in diesem Augenblick. Das Kind in der Krippe kann jeden gebrauchen, wie klein und
stachelig wir auch sein mögen.
Drei Wünsche
nach einer Geschichte von: Walter Baudec
Ein kleiner Junge besuchte seinen Großvater und sah
ihm zu, wie er die Krippenfiguren schnitzte. Der Junge
schaute sie sich ganz intensiv an, und sie fingen an,
für ihn zu leben. Da schaute er das Kind an – und
das Kind schaute ihn an. Plötzlich bekam er einen
Schrecken, und die Tränen traten ihm in die Augen.
„Warum weinst du denn?“ fragte das
Jesuskind. „Weil ich dir nichts mitgebracht
habe“, sagte der Junge. „Ich will aber
gerne etwas von dir haben“, entgegnete das
Jesuskind. Da wurde der Kleine rot vor Freude.
„Ich will dir alles schenken, was ich habe",
stammelte er. „Drei Sachen möchte ich von dir
haben“, sagte das Jesuskind. Da fiel ihm der
Kleine ins Wort: „Meinen neuen Mantel, meine
elektrische Eisenbahn, mein schönes Buch
…“ - „Nein“, entgegnete das
Jesuskind, „das alles brauche ich nicht. Schenk
mir deinen letzten Aufsatz.“
Da erschrak der Kleine. „Jesus“,
stotterte er ganz verlegen … und flüsterte:
„Da hat doch der Lehrer ungenügend darunter
geschrieben.“ – „Eben, deshalb
will ich ihn haben“, antwortete das Jesuskind.
„Aber, warum denn?“ fragte der Junge.
„Du sollst mir immer das bringen, wo
ungenügend darunter steht. Versprichst du mir
das?“ „Sehr gern“, antwortete der
Junge. „Aber ich will noch ein zweites Geschenk
von dir“, sagte das Jesuskind …,
„deinen Milchbecher.“ „Aber den habe
ich doch heute zerbrochen“, entgegnete der Junge.
„Du sollst mir immer das bringen, was du im Leben
zerbrochen hast. Ich will es wieder heil machen. Gibst
du mir das auch?“ „Das ist schwer“,
sagte der Junge. „Hilfst du mir dabei?“
– „Aber nun mein dritter Wunsch“,
sagte das Jesuskind.
„Du sollst mir nun noch die Antwort bringen,
die du der Mutter gegeben hast, als sie fragte, wie
denn der Milchbecher kaputtgegangen ist.“ Da
legte der Kleine die Stirn auf die Kante und weinte so
bitterlich: „Ich, ich, ich …“,
brachte er unter Schluchzen mühsam heraus …,
"ich habe den Becher umgestoßen; in Wahrheit habe ich
ihn absichtlich auf die Erde geworfen.“ –
„Ja, du sollst mir all deine Lügen, deinen Trotz,
dein Böses, was du getan hast, bringen“, sagte
das Jesuskind. „Und wenn du zu mir kommst, will
ich dir helfen; ich will dich annehmen in deiner
Schwäche; ich will dir immer neu vergeben; ich will
dich an deiner Hand nehmen und dir den Weg zeigen.
Willst du dir das schenken lassen?“ Und der Junge
schaute, hörte und staunte … .
Eine fast wahre Weihnachtsgeschichte zum Vorlesen
Autor: Norbert Wittke
Um die Weihnachtszeit trafen sich drei Freunde,
der Martin, der Dieter und der Norbert. Sie saßen
zusammen und fragten sich, was das Weihnachtsfest
wohl an Gaben für sie bringen würde?
Sie waren sich einig. Schöne Geschenke würden
wohl auf sie warten. Als jeder für sich seinen
Wunschzettel aufzählte, erschien auf einmal eine Fee.
Sie war eine gute Fee.
„Kinder“, sagte sie, „jeder von
euch wird mir nun eine kleine eigene
Weihnachtsgeschichte erzählen. Zeigt ein wenig
Fantasie. Leider wird sie in der heutigen Zeit etwas
knapp. Wenn ihr mir eine schöne Geschichte aufsagt,
sollen eure Weihnachtswünsche in Erfüllung gehen.“
Da begann der Martin. Er war der Mutigste.
„Ich möchte euch erzählen, wie der Ochs das
Christkind zum Lachen brachte. Wie ihr wisst, war im
Stall von Bethlehem auch ein Ochs. Er war froh, dass
er bei dieser winterlichen Kälte im warmen Stall
stehen durfte. Neugierig beäugte er seine neuen
Mitbewohner. Maria, Josef und das Christkind. Ihm
war klar, dass es eine besondere Bewandtnis sein
musste, dass diese Leute auch hier im Stall bei ihm
und den anderen Tieren schlafen mussten, wo
normalerweise ein Kind nichts zu suchen hatte.
Es waren Fremde. Sie waren nicht von hier. Hatten nur
einen Unterschlupf gesucht, und Maria hatte hier Jesus
auf die Welt gebracht.
Da lag er. Winzig klein, doch
an ihm schien etwas Besonderes zu sein. Die Augen des
Kindes schauten etwas traurig. Ich muss das kleine
Kind aufmuntern, dachte er. Mit all seiner stimmlichen
Gewalt ließ er einen Brüll los, dass der ganze Stall
bebte. Die Augen des Kindes suchten nach der Ursache
und fanden den Ochs. Leicht hob es seine Händchen,
streckte sie dem Ochs entgegen. Die mächtige Gestalt
imponierte ihm und gleichzeitig zeigte sich auf dem
Gesicht ein glückliches Lächeln.“ Martin beendete
so seine Geschichte.
„Das hast du aber fein gemacht“, lobte
ihn die Fee. Und siehe … Alle Weihnachtswünsche
wurden Martin erfüllt. „Wer ist nun an der
Reihe?“, fragte die Fee. Zaghaft meldete sich
Dieter. „Ich möchte die Geschichte erzählen,
wie Caspar, Melchior und Balthasar das Christkind
fanden. Bekannt sind sie uns allen als die Heiligen
Dreikönige aus dem Morgenlande.
Sie waren auf einer großen Reise. Quer ging es
durch die große Wüste. Sie verloren mit ihren Kamelen
und Maultieren die Orientierung. Ein unheimlicher
Sandsturm kam auf. Sie wussten nicht mehr weiter.
Da auf einmal zeigte sich ein Stern mit einem breiten
Schweif am Himmel. Caspar sah ihn zuerst. Das musste
etwas Besonderes bedeuten. Da fiel Melchior die
Geschichte der Verkündigung ein.
Eine Prophezeiung vieler berühmter Seher, die
die Geburt eines großen, neuen Königs für diese Welt
ankündigten. Nun war es wirklich der Hinweis auf
dieses Jahrtausendereignis? Sie beschlossen, der
Sache auf den Grund zu gehen. Nahmen den Stern als
Orientierungspunkt und folgten ihm. So führte sie
der Stern nach Bethlehem zu der Weihnachtsfamilie.
Sie fanden den neuen König in einer Krippe mit Stroh
in einem Stall, umgeben von Maria und Josef, den
Hirten und vielen Tieren. Mit leuchtenden Augen
brachten sie der Heiligen Familie ihre Gaben dar.
Dankbar freute sich die Familie mit dem Jesuskind.
Sie waren in Not und bekamen große Hilfe.“
So endete die Geschichte von Dieter. Die Fee
erfüllte auch seine Weihnachtswünsche und war über
diese schöne Geschichte hocherfreut.
Nun war die Reihe an Norbert. Mit großen Augen
hatte er die Geschichten seiner Freunde gehört.
War richtig mitgegangen. Doch nun … Ihm
fiel nichts ein. Er war traurig. Ein paar Tränen
traten in seine Augen. Die Fee tröstete ihn:
„Nicht jeder kann so viel Fantasie entwickeln.
Bei den Geschichten deiner Freunde bist du aber
richtig mitgegangen. Vielleicht haben sie deine
eigene Fantasie verschüttet. Aber ich will auch
deine Weihnachtswünsche erfüllen, wenn du mir
versprichst in Zukunft schöne Weihnachtsgeschichten,
wo immer du bist, in der Weihnachtszeit
vorzulesen.“
Freudig versprach Norbert dies zu tun. Und so
sitzt er hier vor ihnen bei der Weihnachtsfeier von
… und hat ihnen diese schöne, fast wahre
Weihnachtsgeschichte vorgelesen. Und alle, alle haben
gespannt zugehört. Und so endet nun diese Geschichte.
Ich wünsche ihnen allen eine frohe und besinnliche
Weihnacht. Mögen auch alle ihre Wünsche in Erfüllung
gehen.
Gebrauchsanleitung: Die drei Namen und die
Geschlechter sind austauschbar und die Vereine oder
Veranstaltungen, bei denen die Geschichte vorgelesen
wird, auch. So wird immer wieder eine neue Geschichte
draus, eine unendliche Weihnachtsgeschichte!
Ihr Norbert Wittke
© 25.11.2005 Norbert Wittke
Eine große Weihnachtsüberraschung
Autor: unbekannt, eingesandt von F. Mosel
Die Kinder hatten schon seit Wochen die Großeltern
mit Fragen gequält. „Oma und Opa, was schenkt Ihr
uns? Opa, bekomme ich die elektrische Eisenbahn? Oma,
ich brauche unbedingt neue Anziehpuppen. Opa alle meine
Freunde haben Rollschuhe, bekomme ich auch
welche?“ Doch die Großeltern hatten eisern
geschwiegen, nicht einmal geheimnisvolle Andeutungen
hatten Sie gemacht. Ganz im Gegenteil, ihr Verhalten
deutete eher darauf hin, dass sie diesmal überhaupt
nichts schenken würden.
Vater hatte heimlich die Sparbücher und Kontoauszüge
überprüft – keine Abhebungen. Mutter war in der
Mansardenwohnung der Großeltern geschlichen und hatte
sorgfältig Schränke und Kommoden durchsucht – es
war nichts zu finden, was einem Weihnachtsgeschenk
ähnlich war. Dabei planen alte Leute doch weit voraus,
dachte Mutter verwirrt.
Vater brütete ostentativ über Hypothekenpapieren,
Rechnungen und Kostenvoranschlägen für
Neuanschaffungen, wenn man abends beim Fernsehen
zusammensaß. Opa interessierte sich zwar dafür,
diskutierte ein wenig über die allgemeine schwierige
wirtschaftliche Lage, aber mehr nicht. Vater und Mutter
blickten äußerst sorgenvoll in die Zukunft, und auch
das Verhältnis der Kinder zu den Großeltern kühlte sich
merklich ab.
Als Oma Ende November einmal Peter um einen
Botengang bat, sagte der recht schnippisch: Wenn du uns
sagst was wir zu Weihnachten bekommen, erledige ich die
Sache, Oma sah ihn lächeln an, und nur ein ganz feiner
Beobachter hätte das kleine bisschen Schmerz in ihren
Augen sehen können. „Was ist nun“, sagte
Peter hart, „bekomme ich die Eisenbahn? Wenn ja,
helfe ich dir, bekomme ich sie aber nicht, musst du
eben selber sehen, wie du fertig wirst.“ Oma
betrachtete ihren Enkel lange und eindringlich und
wandte sich wortlos ab.
Opa machte mit Manuela keine andere Erfahrung. Für
50 Cent oder einen Euro hatte sie ihm früher gerne
kleine Arbeiten abgenommen, nun aber ließ sie sich kaum
hoch bei den Großeltern im zweiten Stock sehen. Opa
hatte einmal unfreiwillig gehört, wie sie zu Peter
sagte: „Ich glaube, die Alten schenken uns heuer
nichts, sie sind richtig knauserig geworden. Also
sollen sie doch sehen, wie sie selbst
zurechtkommen.“ Es hatte um seine Mundwinkel
gezuckt, und Oma hatte es genau gemerkt.
Dann hatten sich die beiden an einem Samstagabend,
bevor das Hauptprogramm im Fernsehen begann, von ihrer
Familie verabschiedet und waren in ihre Wohnung
hinaufgegangen. Was sie dort besprachen, hat nie jemand
erfahren, aber von da an änderte sich ihr Verhalten
abrupt und vollständig. Die Kinder merkten es nicht so,
aber die Eltern machten sich immer größere Sorgen.
In der Nacht zum zweiten Adventssonntag kam Vater
ins Schlafzimmer und war sehr aufgebracht. „Stell
dir vor“, sagte er erregt, „die Alten sind
immer noch nicht zu Hause!“ Mutter winkte müde
ab: „Du weißt doch, sie haben sich für den
Seniorentanzkurs angemeldet, und hinterher gehen sie
immer noch in eine Weinstube. Seit Wochen hängt die
ganze Hausarbeit an mir. Mutter hilft mir überhaupt
nicht mehr.“
Vater setzte sich auf die Bettkante: „Ich
glaube, wir müssen etwas unternehmen. Neulich bin ich
noch in ihre Küche gegangen, und da saß Vater und las
in einem Motorradprospekt. Stell dir das mal vor, ein
68 jähriger Mann will sich offenbar ein Motorrad
kaufen. Von unserem Geld; es gehört doch uns, wenn sie
einmal nicht mehr sind, und sie verplempern es vorher.
Ich ersticke in Rechnungen, und er kauft sich ein
Motorrad.“
Mutter war genauso entsetzt: „Hast du mal
gesehen, was sie sich für Kleidung gekauft hat?
Richtig jugendlich und modern, ich schäme mich richtig
vor den Nachbarn. Solche Stiefel habe ich nie gehabt.
Warum gehen wir eigentlich nicht auch zu einem
Tanzkurs. Aber dazu bist du ja zu geizig.“
Er grübelt und sagte dann zaghaft: „Wir müssen
was unternehmen, davon bist du doch auch überzeugt.
Vielleicht könnte man über Gerichte, du weißt schon,
was ich meine, so verminderte Geschäftsfähigkeit oder
wie das heißt.“ Mutter schluchzte still vor sich
hin und sagte dann gepresst: „Recht hast du ja
eigentlich, aber das können wir ihnen doch nicht antun,
wenigstens jetzt nicht, so kurz vor
Weihnachten.“
„Und die Kinder“, warf Vater ein,
„wir müssen an die Zukunft der Kinder denken. Sie
brauchen eine materielle Sicherheit und vor allem eine
richtige Erziehung. Wenn die Alten aber noch komischer
werden? Schließlich tragen wir die Verantwortung für
die Kinder.“ Sie einigten sich schließlich
darauf, bis nach Weihnachten zu warten, aber dann
wollten sie die Sache energisch anpacken.
So rückte das Fest immer näher, und man lebte in
einem sehr gespannten Frieden miteinander. Die Alten
verhielten sich immer atypischer, taten so, als ob sie
überhaupt keine weißen Schläfen hätten. Vater und
Mutter schwiegen dazu, die Kinder waren von einer
beinahe feindseligen Interesselosigkeit.
Dann war der 24. Dezember da. Oma und Opa hatten
sich wie immer angeboten, den Baum zu schmücken, und
man hatte sie gewähren lassen. Vater und Mutter hatten
sich ernsthaft überlegt, ob sie die Großeltern
überhaupt zur Bescherung bitten sollten. Aber der Bruch
wäre doch zu stark gewesen, und so taten sie es.
Man stand sich im Weihnachtszimmer etwas verlegen
gegenüber. Die Geschenke an die Kinder und für die
Eltern waren aufgebaut, aber von den Geschenken von Oma
und Opa war weit und breit nichts zu sehen. Alle hatten
bis zuletzt gehofft, die Kinder auf Spielzeug,
Süßigkeiten und Bargeld, Vater auf einen Scheck mit
einigen Nullen hinter der ersten Zahl, Mutter zumindest
auf eine Perlenkette und Bargeld. Aber da war
nichts.
Oma und Opa standen in der Mitte des Zimmers,
hielten sich an den Händen und waren von einer
schrecklichen Leere umgeben. Minutenlang herrschte
eisiges Schweigen. Dann schob Opa die Oma einen Schritt
vor und sagte leise zu den Kindern: „Hier ist
euer Geschenk! Ich schenke euch Oma. Sie wird das ganze
Jahr über mit euch spielen, sie wird mit euch
Schularbeiten machen, euch Taschengeld geben und sich
eure Sorgen anhören.“
Er drehte Oma sanft ein wenig herum und sagte zu
Mutter: „Hier ist dein Geschenk, auch dir schenke
ich Oma. Sie wird für dich Wäsche waschen, sie wird
kochen, bügeln, putzen und backen, und sie wird für
dich die Kinder hüten.“
Schließlich wandte er sich zu Vater und sagte:
„Hier ist dein Geschenk, auch dir schenke ich
Oma. Sie wird für dich im Garten arbeiten, den Hund
betreuen, deine Schuhe putzen und dir die Wahl des
Fernsehprogramms überlassen.“
Oma lächelte mit glänzenden Augen, in denen sich der
Kerzenschein widerspiegelte. Sie zog Opa in die Mitte
des stillen Zimmers und sagte mit klarer Stimme:
„Und hier ist mein Geschenk für euch alle. Ich
schenke euch Opa, er wird seine Rente mit euch teilen,
er wird die Hypothekenzinsen bezahlen, einen neuen
Farbfernseher kaufen, und er wird mir erlauben, dass
ich fast ausschließlich für euch alle da bin.
Und wir beide zusammen schenken euch allen muntere,
jugendliche Großeltern, die jung bleiben wollen, damit
sie noch lange für euch da sind.“ Es wurde für
alle das nachdenklichste und schönste Weihnachtsfest,
das sie je erlebt hatten.
Klein Fritzchen und der Kirchenbesuch
Klein Fritzchen geht vor dem Heiligen Abend in die
Kirche und macht sich an der dort aufgestellten
Weihnachtskrippe zu schaffen. Der Pfarrer beobachtet
ihn unbemerkt dabei, sagt aber nichts. Nachdem
Fritzchen wieder gegangen ist, schaut sich der Pfarrer
die Krippe an und stellt fest, dass Fritzchen den Josef
mitgenommen hat.
Am nächsten Tag erscheint Fritzchen wieder in der
Kirche. Er geht wieder zur Krippe und nimmt etwas weg.
Der Pfarrer beobachtet ihn, sagt aber wieder nichts.
Nachdem Fritzchen wieder gegangen ist, schaut sich der
Pfarrer die Krippe an und stellt fest, dass Fritzchen
die Heilige Mutter Maria mitgenommen hat. Jetzt wird's
dem Pfarrer aber zu bunt und er beschließt, Fritzchen
am nächsten Tag auf frischer Tat zu ertappen.
Am nächsten Tag kommt Fritzchen wieder, geht zur
Krippe, nimmt allerdings nichts weg sondern legt einen
Brief in die Krippe. Der Pfarrer beobachtet dies wieder
und wartet erst einmal ab. Fritzchen geht wieder. Der
Pfarrer geht zur Krippe, nimmt den Brief und öffnet
ihn. Darin steht geschrieben: „Liebes Christkind!
Wenn du mir dieses Jahr wieder kein Mountainbike zu
Weihnachten schenkst, siehst du deine Eltern nie
wieder!“
Vorsätze um die Weihnachtszeit
Autor: Norbert Wittke
Bald ist wieder Weihnachten, überlegte er. Nein, dieses Mal wollte er nicht feiern:
Dieses christliche Weihnachtsfest. Ihm war einfach nicht danach. Entartet ist es geworden,
dachte er. Nur Profitgier regiert noch die Welt. Schon im September geht es los mit dem
ganzen Weihnachtsschnickschnack. Süßigkeiten, Kerzen, Leuchtmittelklimbim, hässliche Puppen
von Weihnachtsmännern und Engeln. Das alles soll Weihnachten sein?
Die Wunschzettel der Kinder und auch der Erwachsenen werden immer imposanter. Beinahe
nicht mehr erfüllbar. Dafür wird in vielen Teilen der Welt gehungert und gedürstet. Millionen
Menschen sterben, während bei uns geprasst wird. Ganz schlimm dran sind Kinder, die schwächsten
Glieder der Gesellschaft.
Angeblich ist das Weihnachtsfest ja nur symbolisch einem einzigen Kind gewidmet. Seine Geburt
wird gefeiert, obwohl sich Gelehrte streiten, ob es das überhaupt gegeben hat.
Er schaute aus dem Fenster. Es ist bereits abends. Marktschreierisch leuchten die Neonreklamen
der Stadt. Grelle farbige Lichter gehen an und aus. Wollen die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Wie sollte er es den Seinen erklären, dass er dieses Mal nicht feiern wollte. Enttäuscht wären
sie alle, besonders die Kinder. Nein, das wolte er ihnen doch nicht antun. Also alles wie immer.
Aber zur Beruhigung seines Gewissens würde er spenden für die Hungernden. Diesen Vorsatz nahm er
sich ersatzweise vor. Ob es wirklich dazu kam, würde sich zeigen. Mal sehen was von seinem Geld
übrig blieb, wenn er alle die Wünsche erfüllt hatte.
© 10.11.2011 Norbert Wittke
Sonstige Texte
Plädoyer für einen Briefumschlag
Warum gilt es als moralische Rohheit, einen nahestehenden Menschen zu
festlichem Anlass Geld zu schenken? Warum fühlen sich alle Frauen
missverstanden, wenn unter dem Weihnachtsbaum ein Geldgeschenk liegt?
Warum wischen sich starke Männer heimlich eine Träne aus den Augenwinkel,
wenn sie statt der alljährlich hereinbrechenden Krawatte eine Summe
vorfinden, mit der sie wider Erwarten anfangen dürfen, was sie wollen?
Ich verstehe das alles nicht.
Was ist eigentlich gegen Geldgeschenke einzuwenden? Sooft ich bisher
diese Frage stellte, regnet es empörte Antworten. Verschiedenartige
Antworten, die noch alle ungefähr so lauten: Es beweist einen unerhörten
Mangel an Einfühlung, einen Menschen kalte, fühllose Moneten hinzuwerfen,
statt sich den Kopf zu zerbrechen, was er wohl wirklich haben möchte. Man
scheut das Opfer an Zeit und Gedanken, in dem man sich loskauft wie von
einer unangenehmen Verpflichtung. Pfui über diese Barbarei!
Alle Zeitungen und Zeitschriften sind voll mit Geschenkvorschlägen für
Leute, die trotz aller verwandtschaftlichen Liebe absolut nicht wissen, was
sie erstehen sollen. Um dann eben doch wieder, wie alljährlich am 24.
Dezember, mit verzweifelten Mut in das nächste Geschäft zu stürzen und dort
ein paar Hosenträger oder eine Bonbonniere zu kaufen.
Lassen Sie es mich ganz brutal sagen: Gemessen an solchen
Verlegenheitsgeschenken lobe ich mir das Geldgeschenk. Seine moralische
Verurteilung entspricht meiner Ansicht nach einem entscheidenden Denkfehler.
Das Geld ist ja in den allermeisten Fällen (wir reden von „Menschen wie
du und ich“) auf ehrliche Weise im Schweiße des Angesichts, wie es die
Bibel vorschreibt, erworben. Nichts berechtigt zu der Annahme, es sei uns von
dunklen Mächten widerrechtlich in den Schoß geworfen worden oder sei durch
Diebstahl, Unterschlagung oder Raubmord in unseren Besitz gelangt. Das Geld,
was wir verschenken, ist also nichts anderes als unsere Kraft, unsere
Lebensenergie, unsere Zeit, verwandelt in das Medium unserer Währung.
Ist das alles nichts – nur weil es sich in Geld materialisiert hat?
Ist es nicht vernünftiger, jemandem eine Wünschelrute (wenn vielleicht auch
nur eine dünne, schmächtige) in Form von Geld in die Hand zu legen, die
innerhalb einer gewissen Grenze alles gewährt, statt den Beschenkten, wie
dies so oft zu sein pflegt, vor die überaus peinliche Aufgabe zu stellen,
Freude über eine verfehlte Gabe zu heucheln?
Drum weg mit den Geldkomplexen! Wer absolut nicht sicher ist, die richtige
Gabe zu treffen, soll ruhig nach einigen Geldscheinen greifen.
Er schenkt damit eine Wundertüte, eine Welt im Kleinen. Und obendrein
noch die Freude des Wählens und Überlegens.