Gedichte
Alt werden
Autor: Olaf Lüken
Wer am Tage sitzt und sitzt,
hat das Sofa bald abgewetzt.
Ganz langsam sinkt die Lebenskraft.
Man fühlt müde sich und abgeschlafft.
Vorüber ziehen die Lebensjahre.
Die Haut wird rot, recht grau die Haare.
Ich fühl mich alt und ziemlich mürbe.
Ist es besser, dass ich sterbe?
Zum Halse kriecht mein Alterswurm.
Er bläst die Tröte, bläst zum Sturm.
Ein Rabe flink in die Lüfte steigt.
Ist es ein Omen? Hab ich’s vergeigt?
Ein Freund, muskulös wie ein Athlet,
sagt mir, dass bald nichts mehr geht.
Ein anderer wankt, gebeugt und stumm.
Sein wacher Geist hält ihn in Schwung.
Nach äußeren Dingen trachtend,
innere Werte verachtend.
Die alten Wege abzuwandern,
von Freunden sich gleich abzusondern.
Altern ist wie eine Welle im Meer.
Lasse mich tragen, bleib obenauf.
Ich treibe, mache mich nicht schwer.
Irgendwann endet mein Lebenslauf.
© Olaf Lüken
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Der letzte Frühling
Autor: Olaf Lüken
Mann und Frau, gekrönt vom Alter,
sitzen träumend auf einer Bank.
Er streichelt ihre müden Hände,
die fleißig geschafft, ein Leben lang.
Die Frau ist ihm ein Karfunkelstein,
ein wertvoller Schatz, der nie vergeht.
Er ist ihr mächtiges Urgestein,
das Wind und Wetter übersteht.
Der Frühling zeigt zwei dunkle Schatten,
in einer Welt, die frei von Laub.
Blumen blühen auf Gräsermatten.
Er kann schlecht sehen, sie ist taub.
Falter flattern wie fallende Blätter,
sinken dem Pärchen vor ihre Füße.
Wunderschöne Frühlingsträume,
sind ihre letzten Abschiedsgrüße.
Weit entrückt, in ferne Sphären,
spürt jeder, was der and’re denkt.
Vor der Schöpfung – gleich wie Ähren,
die Köpfe hoch und nicht gesenkt!
© Olaf Lüken
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Diese Welt und jene Welt
Autor: Olaf Lüken
Wenn die Wolken sind grad fortgezogen,
wenn Himmelsbläue hält die Welt gewogen,
wenn Sonnenschein erwärmt die Welt,
die Seele Frieden mit sich hält.
Die Natur in ihrem AB und AUF,
bestimmt der Menschen Lebenslauf.
Mit dem Morgen beginnt der Tag,
er bringt, was er zu bringen vermag.
Im AUF und AB der bunten Welt,
verändert sich auch die Anderswelt1.
© Olaf Lüken
1 Anderswelt → Jenseits
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Im Abendrot
Autor: Joseph von Eichendorff
Wir sind durch Not und Freude
Gegangen Hand in Hand:
Vom Wandern ruhen wir beide
Nun überm stillen Land.
Rings sich die Täler neigen,
Es dunkelt schon die Luft,
Zwei Lerchen nur noch steigen
Nachträumend in den Duft.
Tritt her und lass sie schwirren,
Bald ist es Schlafenszeit,
Dass wir uns nicht verirren
In dieser Einsamkeit.
O weiter, stiller Friede!
So tief im Abendrot,
Wie sind wir wandermüde -
Ist dies etwa der Tod?
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In die Jahre gekommen
Autor: Olaf Lüken
Das Haus ist in die Jahre gekommen.
Die Räume sind muffig, feucht und kalt.
Die Wände haben Risse bekommen.
Der Kamin ist aus, das Lachen verhallt.
Das Fenster ist vom Regen verschwommen.
Ein Schatten zeigt uns seine Gestalt.
Der Mann hat viele Narben bekommen.
Er und das Haus, sie sterben bald.
© Olaf Lüken
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Lamento eines alten Mannes
Autor: Olaf Lüken
Heut’ gehör’ ich zu den Alten,
wollt’ mit niemandem Feindschaft halten.
Viel lieber wär’ mir rechte Freundschaft
und ein Leben in Gemeinschaft.
Wo sind die vertrauten Gesichter,
die mich grüßten, mit freundlichem Blick?
Meine Hände werden stets lichter.
Ich durchlebe manches Missgeschick.
Liebe Leut’, ich kann nur klagen,
auch mein Rheuma will mich plagen.
Oben und unten Zähne wackeln,
es knurrt der Hund, mein lieber Dackel.
Kann mit den Ohren kaum noch hören,
selbst die Hämorrhoiden stören!
Habe die Nase ständig laufen,
ich könnte mir die Glatze raufen.
Schlechter wird auch die Sehpupille.
Es fehlt mir die Lust und auch ’ne Brille.
Selbst die Füße wollen nicht laufen.
Nach jedem Schritt muss ich gleich schnaufen!
So wird kommen, was noch kommen soll.
Ich hab’ schon jetzt die Schnauze voll.
© Olaf Lüken
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Lebensreise
Autor: Olaf Lüken
Auch du hast eine große Seele,
gehst deinen Gang auf Erden hier.
Die Welt schenkt dir ein eignes Kleid.
Du bist ein Teil von einem WIR.
Was du hier lernst auf Erden,
ist Stufe um Stufe nicht gleich.
Du gehst auf eine wirre Reise,
bis du hast dein Ziel erreicht.
Die Seele umhüllt ein Strahlenglanz.
Dein irden Kleid liegt längst darnieder.
Zu Ende geht dein Lebenstanz.
Die Ur-Heimat hat dich wieder.
Die Anderswelt ist licht und klar.
Auch wenn du glaubst, sie sei so fern.
Du irrst, sie ist dir ziemlich nah.
All’ die Seelen haben dich gern.
© Olaf Lüken
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Nach dem Tod
Autor: Olaf Lüken
Himmelan, o himmelan.
Ich will meine Wandlung sehn.
Was ich auf Erden glauben kann,
kann nur im Himmel geschehn.
Die Erde kennt zwar Freud’ und Leid,
glaubt auch an Gottes Herrlichkeit.
Nur eine Seel’ kann Gottes Zimmer sehn.
© Olaf Lüken
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Nur eine alte Frau
Autor: Olaf Lüken
Sie ist verhärmt, lebt wohnungsfrei.
Ihr Kleid ist arg verschlissen,
gebeugt auf Krücken, derer zwei,
die Fußnägel leicht eingerissen.
Ihr schmerzt die Brust, je Atemzug.
Die Arbeit hat ihr Herz beschwert.
Die Krücken, die sie bei sich trug,
sind jetzt schon keinen Euro wert.
Zwei Burschen hatten unverhohlen,
bei einer üblen Rauferei,
der Frau die Krücken frech gestohlen.
Dann traten sie das Holz entzwei.
Die Alte sah oft Not und Weh.
Sie ist jetzt krank: „Habt doch Erbarmen!“
Die Kälte drückt sie, bis zum Zeh.
Sie, die Ärmste unter den Armen.
Ihr Mann ist tot, die Rente klein,
kann hohe Mieten nicht bezahlen.
Ich hör sie weinen, oft allein
und leiden unter ihren Qualen.
Die Frau, sie liegt im Abendrot,
auf einer Wiese, nah der Eiche.
Die Augen geöffnet, dennoch tot.
Ein Auto holt ab – ihre Leiche.
© Olaf Lüken
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UNSRE ZEIT
Autorin: Heidi Hollmann
GESTERN NOCH MIT FRISCHEN WANGEN
HEUTE SCHON DAVON BEFREIT
IST SIE WIE IM FLUG VERGANGEN
WAS WIR NENNEN „UNSRE ZEIT“
WO IST NUR DIE ZEIT GEBLIEBEN
SIE IST WIE DER WIND VERFLOGEN
UND SO MANCHER UNSRER LIEBEN
IST MIT IHR HEIMWÄRTS GEZOGEN
AUCH WIR MÜSSEN EINMAL WANDERN
UNSRE SCHÖNE WELT VERLASSEN
UND IN EINER FREMDEN ANDERN
UNS AUF EWIG NIEDERLASSEN.
© Heidi Hollmann
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